Das Jahr 2015… oh, geh‘ ford!

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Jahresrückblicke? „Oh, geh‘ ford!“ würde Heinz Becker sagen, und das Ekel Alfred stünde am Herd, um den Silvesterpunsch aus Rum mit Rum zu veredeln. Hicks! Aber warum nicht mal eine Zusammenfassung aller Projekte des vergangenen Jahres schreiben? Nur, um zu sehen, wie groß mein kreativer Output war… Achtung, Spoiler! : dass daraus nichts werden würde, hätte mir von Anfang an klar sein müssen. Darum gib’s nur einen groben Querschnitt davon

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Januar

Im Januar habe ich ein lang vor mir her geschobenes Projekt verwirklicht, zu dessen Zweck ich mir bereits den Stoff zum vergangenen Weihnachtsfest gegönnt habe: rot-grauer Tartan aus Wolle (oder war’s ein Wollgemisch?) für einen verschlußlosen, klassisch, leicht oversized geschnittenen Mantel (Modell Nr. 104 aus Burda Style 11/2014).

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Den Mantel habe ich dann auf der AnNäherung in Bielefeld genäht bzw. angefangen und danach zu Hause fertiggestellt; und obwohl ich ihn scherzhaft „Lord Crawleys Morgenmantel“ getauft habe, so wurde er einer meiner liebsten und dementsprechend oft getragenen Stücke. Dabei hat sich herausgestellt, dass ich auf ein Futter bequem verzichten kann, weil er in ungefüttertem Zustand beim Gehen nicht aufklafft: die aneinanderhaftenden Wollschichten machen es möglich, und ich weiß nicht, ob das anders wäre, hätte ich ihn gefüttert.

Februar

Februar ist irgendwie ein doofer Monat, finde ich. So kurz, zu nichts habe ich so richtig Lust, und nur selten kann ich mich zu kreativen Tätigkeiten aufraffen. 2012 habe ich das Muster der Lethargie durchbrochen und habe mich auf eine mehrtägige Wanderung entlang eines Teilstücks des Jakobswegs begeben. So sportlich agil war ich dieses Jahr aber nicht. Für mich diente der MMM im Februar nur noch zum Zeigen liebgewonnener Stücke, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben: blauer Tellerrock mit grafischem Muster, gestrickter Pulli in orange aus den 80er Jahren, graues knöchellanges Kleid im Country-Stil aus den 90er Jahren. Also nichts neues, darum auch nicht sonderlich spannend. Kopf und Hände waren anscheinend im Winterruhemodus. Nicht mal genäht für den Dressmaker’s Ball habe ich. Da mein Mann seinen Kilt ausführen wollte, erschien mir ein buntes, auffällig gemustertes oder besonders raffiniert geschnittenenes Abendkleid nicht angemessen; vielmehr wollte ich mit meinem Outfit den Rahmen für seines bilden, und mein Sash (Schärpe aus Tartan, die auf der Schulter getragen wird) sollte auch noch dazu passen.

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Die Lösung für das Problem lag in einem bodenlangen Kleid aus zartblauer Baumwolle, das ich mir 2000 für einen Ball in einem Land bzw. Herrenhaus in Cornwall genäht hatte und das – o Wunder! – auch noch passte (wenn auch noch eben gerade so).

März

Mein kreativer Output im März beschränkte sich anläßlich der Sonnenfinsternis (von der ja wieder mal alle außer mir schon lange vorher gewußt hatten *gnarf*) auf das Basteln eines Sonnenschutzes für unsere Kameras und unsere Augen;

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außerdem war da noch der von mamamachtsachen organisierte Dressmaker’s Ball in Schwerte, der am 5. März 2016 in eine erneute Runde gehen wird. Selbst keine große Tänzernatur, kann ich diese Veranstaltung allen, die mal wieder ihre selbstgemachte festliche Kleidung ausführen möchten, nur allerwärmstens empfehlen und ans Herz legen. Im Gegensatz zu März 2015 gibt es diesmal sogar ein Motto: Birds of Paradise. Also, wenn das nichts ist, dann weiß ich ja auch nicht.

April

Hatte ich beim Ball meine Erfolgserlebnisse in Form einer durchgemachten Nacht, einer frisch erworbenen Highend-Nähmaschine und eines Kleides, in das ich nach 15 Jahren noch hineinpasste, so schnappte im April die Frustfalle zu.

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Frustpunkt Nummer eins war das Nähen eines Probeteils für ein am Ausschnitt kunstvoll in Falten gelegtes Top aus der Zeitschrift „La Maison Victor“, Nummer zwei der Versuch, aus dem restlichen Tartanstoff ein Top zu nähen (ebenfalls aus „La Maison Victor“) und Frustpunkt Nummer drei die Feststellung, dass mir kein einziges meiner Korsetts noch passt. * Heul * – und dabei waren die doch so teuer gewesen.

Mai

Auch im Mai war ich mit dem Nähen eines Probemodells beschäftigt. Diesmal handelte es sich um einen Godetrock, für den ausrangierte Bettwäsche mit Jacquardmuster herhalten musste. In Gedanken hatte ich ihn mit dem im April begonnenen Faltentop kombiniert, die Wirklichkeit zeigte jedoch, dass das keine so gute Idee war. Den Rock hätte ich doch besser mit Bluse oder sportlichem Pulli kombiniert, wenn er denn gepaßt hätte. Ganze fünf Zentimeter fehlten mir am Bund, und so wanderte der Rock auf meiner Prioritätenliste ganz ganz weit nach hinten. Den „Film- und Fernsehserien-Sew Along“ hatte ich gedanklich ohnehin längst abgehakt. Lieber trug ich beim MeMadeMittwoch einen roten Rock, der an Heiligabend noch einmal zum Einsatz kam – im Mai stellte ich dann fest, dass zu dem leuchtenden Rot des Rocks mein blauweißes Top Harley ausgezeichnet passt:

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Aber noch lieber schmiedete ich Pläne für das nächste Ballkleid: angelehnt an das Brautkleid von Wallis Simpson aus dem Jahre 1936, soll es ein kürzeres Modell aus grünem Satin werden. Passt doch bestens zu dem Motto für den Dressmaker’s Ball. Aber noch ist es nicht so weit. Schnitt und Stoff liegen noch unangetastet in einer Kiste. Was ich dagegen konkret in die Tat umsetzen konnte, war die Fertigstellung meines Disclaimers. Etwas Organisation auf dem Blog muss ja schließlich auch mal sein.

Juni

In diesem Monat wurde ich nicht nur mit dem „Kleinen Schwarzen“ fertig, sondern ich versuchte mich an einem Probemodell für eine Bluse aus der Burda – Motto „African Dream“.

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Am Ausschnitt befand sich ein neckisches „Guckloch“, wobei es sich dabei laut Burda eher um einen tropfenförmigen Ausschnitt handelt; und mit diesem „tropfenförmigen Ausschnitt“ sollte ich noch eine Menge „Spaß“ bekommen.

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Achtung, Spoiler: den Rand nach innen umzunähen, war keine Lösung, die sich durch Dauerhaftigkeit auszeichnete. Weder am Probemodell aus unelastischem Stoff, noch am später genähten Modell aus hochwertiger Viskose, die ein hohes Maß an Elastizität bewies.

Juli

Temperaturen wie in der Sahara, da kam dem ein oder anderen gelegentlich das Lied „wann wird’s mal endlich wieder Sommer“ in den Sinn, mit der Textzeile „es war hier wie in Afrika, wer konnte, machte FKK“, und was lag da näher, als das Nähen eines Kleides aus African Waxprint? Der Schnitt dazu stammt aus der Zeitschrift „La Maison Victor“, und heraus kam dabei ein wildgemustertes Kleid, das sich auf einer Hochzeit bewähren sollte, für die mein Mann und ich spontan eingeladen worden waren. Fertig wurde auch die „African Dream“-Bluse, aus einem Stoff, aus dem die Alpträume sind.

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Leider hatte die mörderische Hitze auch ihre Schattenseiten, und wir konnten leider nur einen der aus dem Dach gefallenen Mauersegler retten.

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Der Juli stand auerdem noch im Zeichen des National Blog Posting Month, einem Monat, in dem alle, die dabei mitmachten, jeden Tag zu einem bestimmten Thema 20 Minuten lang einen Text verfassen sollten; dank dieser Aktion habe ich jede Menge interessanter neuer Blogs kennengelernt, die sich mit den unterschiedlichsten Themen beschäftigen.

August

Das einzige, was in diesem brütend heißen Monat in Do-it-Yourself-Manier entstanden ist, war eine selbstgemachte Wespenfalle – und das Abschleifen und Neustreichen einer Holzhütte in Eigenregie.

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Was für ein „Vergnügen“, bei gefühlt 40°C auf dem Vordach zu sitzen und zu spüren, wie unter einem die Dachpappe zu brodeln beginnt, während man mit dem zentnerschweren Schwingschleifer der Fassade am Giebel die alte Farbe ablöst.

September

Nach dem Fiasko mit der „African Dream“-Bluse änderte ich den Ausschnitt in einen U-Boot-Ausschnitt ab.

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Nun sah die Bluse zwar aus wie ein Oversized Shirt, aber dafür war ich den Ärger mit sich auflösenden Säumen ein für alle mal los. Und das beste: Mit ihr hatte ich mein erstes Stück für den von mamamachtsachen organisierten Working-Girl-SewAlong. Kleidung für den Job selber nähen? Da mußte ich einfach mit von der Partie sein.

Oktober

Vom 16. bis 18. Oktober fand in Würzburg die AnNäherung Süd statt. Nur zwei Stunden Fahrt von zu Hause entfernt.

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Und vorgenommen hatte ich, mir ein Etuikleid und einen Bleistiftrock für den Working-Girl-SewAlong. Komplett fertig wurde jedoch nur das Kleid, das ich dann auch bald darauf – und bis zum Ende des Jahres – sehr oft tragen sollte.

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Kurz darauf sollte dann auch der bordeauxrote Bleistiftrock fertig werden.

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Nur war ich dann in punkto Kreativität auch ziemlich fertig, zumal Weihnachten immer näher rückte und der Nähtisch im Keller als Ablagefläche für die Confisierie, die mein Mann noch vor seinem OP-Termin gemacht hatte, dienen musste.

Dezember

Genäht wurde bei uns im letzten Monat des Jahres nichts mehr, aber dafür haben wir einen Teil der Weihnachtsgeschenke selbstgemacht: Pralinen, Marmelade, Likör und diverse Gutscheine.

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Die Operation hat mein Mann übrigens gut überstanden, nur Weihnachten und Silvester fallen dieses Jahr bedeutend ruhiger aus als die Jahre zuvor. Zwar habe ich an Heiligabend gearbeitet, aber diesmal stand wenigstens schon der Baum fix und fertig geschmückt (wurde von uns am Vorabend erledigt), und der Kartoffelsalat stand auch schon zum Verzehr bereit. Alles in allem, war der 24. Dezember ein sehr relaxt ablaufender Tag, und auch am 25. Dezember ging es entspannt weiter; wir besuchten den Bruder meines Mannes und seine Familie, unser Patenkind wollten wir nämlich auch noch beschenken. Malbücher und Buntstifte wurden von dem Fünfjährigen auch gleich mit Begeisterung aus dem Papier befreit, aber dann war die Knete doch viel viel interessanter, und so kam es, dass ich mit dem kleinen Mann zusammen ein buntes Knetmännchen nach dem anderen bastelte.

 

Am 26. Dezember saßen wir in kleiner Runde bei Rotwein und Punsch zusammen; dann telefonierte mein Mann spontan mit einem Freund, und genauso spontan fuhren wir mit dem Taxi zu ihm, wo auch ich endlich einmal das zwei Monate alte Patentöchterchen meines Mannes kennenlernen durfte. So ein süßer Winzling. In angeregter Runde verbrachten wir dann dort die letzten Stunden des zweiten Weihnachtsfeiertags. Ja, dieser Abend war einer von der Sorte, die ich leider nicht allzu oft habe, und ich stelle fest: Puddingkochen mit zehn- und elfjährigen Kindern macht einen Riesenspaß.

Leider muss ich morgen schon wieder arbeiten; eine kurze Arbeitswoche, die vermutlich mit viel Streß und Hektik verbunden sein wird, liegt nun vor mir – da haben mir die vergangenen vier relativ ruhigen Tage sehr gut getan, und ich kann jetzt verstehen, warum für viele Weihnachten die schönste Zeit des Jahres ist.

 

 

Für meinen Mann …

… wenn er mal wieder etwas zum Lachen braucht – habe ich für ihn dieses spaßige Bild aus dem Internet : „Atemlos durch die Nacht!“ – Ich bring ihn um…

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In unserem Freundeskreis gibt es einen Helene-Fischer-Fan, den wir an Silvester diesmal leider doch nicht sehen, weil uns die 220 Kilometer Fahrt zur Feier, die dort stattfindet, dann doch zu weit sind und wir nicht atemlos über die A3 fahren können und wollen, habe ich uns eben dieses Bild hier festgepinnt.

Frohe Weihnachten

Luk 2.14: „Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind„ ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~   ~~~ Eigentlich könnte ich dieses Bibelzitat einfach mal so stehenlassen, weil Weihnachten ist und ich meine Eindrücke von der … Weiterlesen

Unsortierte Gedanken : take a picture, it lasts longer

Wir sagen euch an, den vierten Advent – sehet, die vierte Kerze brennt… Ähem; nur vier Kerzen? Irgendwie scheinen wir zu den Menschen zu gehören, denen ein Kerzlein auf dem Adventskranz nicht genug ist, und darum haben wir in den letzten Wochen Haus und Garten dekoriert, was das Zeug hielt. Um mal eine Zahl in den Raum zu werfen: es sind an die 1200.

Und, um bei dem berühmten Satz „und immer wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“ zu bleiben: Kaum hatten wir heute die Küche mit einer Lichtkaskade verschönert, tauchte im Keller eine zehn Meter lange Kette mit bunten Kugeln auf.

 

 

Irgendwie kamen wir nämlich auf das Thema „Weihnachtsstimmung“ zu sprechen und fragten uns, was das eigentlich ist. Für uns scheint es etwas anderes zu sein, als das, was wir in den vielen stimmungsvollen Werbefilmchen in Fernsehen und Internet zu sehen bekommen.

Schnee? Och nö, auf Schippen hat keiner von uns Lust, und die Bahn funktioniert da auch dann immer so schlecht. Viele Leute rund um einen festlich gedeckten Tisch, und alle sind in ihre besten Kleider gehüllt? Hm, schwierig – oute ich mich jetzt als Grinch, wenn ich zugebe, dass ich mich so gar nicht aufbrezeln mag und lieber in Leggins und Pulli auf der Couch chille (womit sich so für mich auch das Thema „Weihnachtskleid“ erledigt hätte) ? Wer es gerne so richtig festlich mag, soll nach Herzenslust feiern, bis das Lametta zu Konfetti mutiert, und ich wünsche allen, die Lichterglanz und opulente Menüs zelebrieren möchten, alles gute und viel Spaß.

Für mich gibt es Weihnachts- bzw. Adventsstimmung in homöopathisch kleinen Dosen oder Häppchen. Ein Kurzbesuch unseres Weihnachtsmarktes mit Verzehr von Eierpunsch und Nierenspieß gehörte für mich dieses Jahr ebenso wieder dazu wie das Arrangieren von Kirschzweigen am Barbaratag (4. Dezember) in einer Vase auf der Fensterbank; heuer waren es so viele Zweige, dass ich einen Teil zu Hause und einen Teil im Büro aufstellen konnte. Wenn alles klappt, erwarten mich an Heiligabend, wie bereits im letzten Jahr, die schönsten Kirschblüten, und im Büro wird dann die berüchtigte Weihnachtsgurke ihren Platz in den Zweigen finden.

 

Gesundheitsbedingt kommen wir auch so schlecht zur Christmette aus dem Haus? Meine Mutter ist da pragmatischer: das ZDF überträgt ja jeden Sonntag und an den höchsten christlichen Festen Gottesdienste – die schaut sie sich dann gemütlich im Fernsehen an. Außerdem wird die Kirche bekanntlich an Heiligabend überquellen, vor lauter Leuten, die dort eher seltener auftauchen; da habe ich für mich die Lösung für das Dilemma gefunden, zumal ich ja auch nicht durch häufiges Erscheinen in der Kirche glänze. Aber dieses Jahr ist mir einfach mal danach. Übermorgen gibt es in der Gemeinde um die Ecke eine Frühmesse um 6:30 Uhr, auch Roratemesse genannt. Und an der möchte ich dann gerne teilnehmen, bevor ich zur Arbeit fahre.

Ein wenig Kerzenschein in der Dunkelheit und feierliche Musik, und ich kann wieder Kraft tanken. Und was die Musik angeht, so lese ich immer wieder gerne, welche Hits andere Menschen an Weihnachten gerne hören; die Tage las ich in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung, dass der größte Teil der Redaktion „Fairytale of New York“ von den Pogues und Kirsty MacColl zu dem Weihnachtslied auserkoren hat. Jo, das gefällt mir auch, aber es gibt Lieder, die für mich mindestens genauso stimmungsvoll sind. Auf meiner „Playlist“ findet sich das immer wieder gerne genommene „All I want for Christmas“, aber nicht von Mariah Carey, sondern in der Fassung, die im Film „Tatsächlich Liebe“ in der Schulaufführungsszene erklingt. Außerdem höre ich an Weihnachten gerne wieder die Don Kosaken, „Halleluja“ von Alexandra Burke und – ganz großes Gefühlskino: „Angel“ von der Kelly Family.

Welches Lied sich aber unauslöschlich in meine Erinnerungen eingegraben hat, obwohl es mit Weihnachten überhaupt nichts zu tun hat, ist „Time to say good-bye“ von Andrea Boccelli und Sarah Brightman, weil ich an jenem Tag gerade beim Schmücken des Weihnachtsbaumes war und laut mitgesungen habe.

Time to say good-bye? Nicht zu Freunden, anderen Menschen oder dem Bloggen, sondern zu einem Jahr, das mehr Tiefen als Höhen vorzuweisen hatte – in der Hoffnung, dass das kommende Jahr besser verlaufen möge.

 

 

 

 

 

 

Blogparade : Älter als ich – Filme aus einer anderen Zeit…

oder: die 10 besten Filme vor meiner Geburt.

In den letzten Wochen hatte ich Zeit genug zum Lesen, und da bin ich bei

http://miss-booleana.de/2015/11/21/blogparade-aelter-als-ich-filme-aus-einer-anderen-zeit/

auf eine Blogparade gestoßen, in der wir bis zum 1. Januar des kommenden Jahres Zeit haben, zehn Filme vorzustellen, die vor unserer Geburt erschienen sind und die wir für die besten halten – sowie noch einen aus dem Jahr unserer Geburt. Da ich 1967 geboren wurde, rutschen da natürlich Filme wie „Watership Down“ oder „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ durch das Raster; aber auch ohne diese Meilensteine der Filmkunst fallen mir noch genügend Filme ein, die es wert sind, in dieser Blogparade genannt zu werden.

Daraus eine Auswahl zu treffen, ist mir nicht leicht gefallen: Warum dieser und nicht ein anderer? Ich glaube, es ist reine Gefühlssache, und in den letzten Tagen habe ich mir die Mühe gemacht, mir einige davon zu Hause auf DVD anzuschauen. Die Filme habe ich chronologisch geordnet (also den ältesten zuerst), und wenn zwei Filme aus demselben Jahr stammen, kam die alphabetische Reihenfolge zum Zug.

Nun denn, so lasst mich das Werk beginnen. Den Anfang macht

(1) Nosferatu – eine Symphonie des Grauens von F.W. Murnau (1922):

Grusel par excellence, in schwarz-weiß. Im Grunde erzählt der Stummfilm Bram Stokers Geschichte von Dracula und läuft zu seiner vollen Größe auf, wenn man ihn, wie wir, in einem Theater auf einer großen Leinwand, untermalt von großer Orchesterbegleitung durch die Frankfurter Neue Philharmonie vorgeführt bekommt.

Unvergleichlich ist für mich die Szene, in der der Schatten des kahlköpfigen Vampirs mit ausgestreckten Klauenhänden die Treppe in Wisborg hinaufgeistert – man stelle sich das Spektakel wie auf der Tasse (Beitragsbild oben) vor – oder wenn unzählige Ratten dem frisch angelegten Schiff entströmen und sich in den Straßen der Stadt ausbreiten. Ich hatte mir kurzzeitig überlegt, mit Panzerkreuzer Potemkin (1925 – der erste Gammelfleischskandal, der die Leinwand eroberte), Ben Hur (1925 – das Originalmonumentalepos mit Ramon Novarro) oder Metropolis (1927) zu beginnen, aber von all den Filmen hat mich der nur 94 Minuten lange Vampirfilm am meisten beeindruckt.

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Nun drehe ich das Rad der Zeit 17 Jahre weiter und lande bei

(2) Der Zauberer von Oz von Victor Fleming (1939):

We’re off to see the wizard, the wonderful wizard of Oz“, „Come out, come out wherever you are“ und „Ding dong, the witch is dead“ – diese Lieder aus dem farbenprächtigen Musicalfilm mit Judy Garland als Dorothy, die der „yellow brick road“ folgt, haben sich mir unauslöschlich ins Gedächtnis eingegraben. Als Kind war ich überwältigt von den bunten Kulissen und wünschte mir, ich könnte auch in ein solch zauberhaftes Land reisen; später durchschaute ich zwar den Bluff der Kulissenschieberei, aber: Who cares? Den Film liebe ich immer noch heiß und innig, und die DVD in meiner Sammlung beinhaltet umfangreiches Bonusmaterial, in dem ich erfahren durfte, wie viel aus diesem Film längst Teil der amerikanischen Alltagskultur geworden ist.

M – eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931), „Die Meuterei auf der Bounty“ (1935) oder „Vom Winde verweht“ (1939) wären weitere Kandidaten gewesen, aber auf die fiel das Los diesmal leider nicht.

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Und weiter geht es mit

(3) Der große Diktator von Charles Chaplin (1940):

Wahrscheinlich der beste Film des letzten Jahrhunderts, einer Satire auf Adolf Hitler und den Nationalsozialismus – bei der oft das Lachen im Halse stecken bleibt, trotz der komischen Momente: z.B. der kleine Friseur (Chaplin) im Ersten Weltkrieg durch den Nebel irrend und „Huhu, Herr Hauptmann“ rufend, Diktator Hynkel (ebenfalls Chaplin) bei der Flucht auf die Gardinenstange oder beim Tanz mit der Weltkugel.

Gegen Chaplins Meisterwerk hatte „Ist das Leben nicht schön“ (1946) leider keine Chance, auch wenn bald Weihnachten ist.

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Und nochmal vierzehn Jahre später…

(4) Das Fenster zum Hof von Alfred Hitchcock (1954):

Weck‘ den Spanner – äh, Voyeur – in Dir. Oder besser gesagt: Wie weit würdest Du gehen? Der Plot ist simpel wie genial: Durch einen Unfall für einige Zeit an den Rollstuhl gefesselt, beginnt Fotojournalist Jeffries (James Stewart) aus Langeweile damit, seine Nachbarn zu beobachten und kommt dabei einem Mord auf die Spur. Hilfe bekommt er dabei von seiner Freundin Lisa (Grace Kelly) und seiner Pflegerin Stella (Thelma Ritter), und schon bald bleibt es nicht mehr beim bloßen Beobachten… Auf den ersten Blick kommt der Film wie ein klassisches Detektiv- bzw. Katz-und-Maus-Spiel daher; aber die Aktualität so mancher Fragen kommt mir erst nach und nach zu Bewußtsein. So zum Beispiel, wer hier nun das eigentliche Monster ist: Der von Jeffries des Mordes verdächtigte Nachbar Thorwald – oder Jeffries, Lisa und Stella, die nicht davor zurückschrecken, in die Wohnung Thorwalds einzusteigen und ihn schließlich zu erpressen. Dass die unglückliche Nachbarin „Miss Lonely Hearts“ kurz davor steht, sich mit Tabletten umzubringen, registrieren sie zwar, kommen aber nicht auf die Idee, zum Hörer zu greifen und den Notarzt zu holen. Oder die Gleichgültigkeit der Nachbarn: Ein Hund wird mit gebrochenem Genick aufgefunden, für dessen Frauchen bricht die Welt zusammen, und die partyfeiernden Nachbarn, die den Schrei hören, eilen zum Fenster, registrieren das Unglück und gehen dann achselzuckend zur Tagesordnung über. Jeder gafft, aber keiner hilft; ich glaube, dieses Thema wird leider immer aktuell bleiben.

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Auch das nächste Jahr, 1955, kann sich sehen lassen. Hier sind es gleich zwei Filme, die für mich mit zu den besten Filmen der Fünfziger Jahre zählen und die unterschiedlicher nicht sein könnten:

(5) Denn sie wissen nicht, was sie tun von Nicholas Ray -und- (6) Die Nacht des Jägers von Charles Laughton

James Dean in seiner für mich besten Rolle – in einem Film, der sich mit den sogenannten Halbstarken beschäftigt (gab es damals eigentlich schon den Begriff des Teenagers?); unverstandene Jugendliche, gefährliche Mutproben, Bandenkriminalität… für James Dean kam der Ruhm leider zu spät, er starb einen Monat, bevor der Film ins Kino kam, bei einem Autounfall, im Alter von 24 Jahren.

Im Gegensatz zu diesem Film fiel „Die Nacht des Jägers“ als einzige Regiearbeit des Schauspielers Charles Laughton bei Kritik und Publikum 1955 gleichermaßen durch. Robert Mitchum in der Rolle eines psychopathischen Mörders, der sich als Wanderprediger tarnt und versucht, an das Geld seines verstorbenen Zellengenossens zu gelangen, indem er dessen Kinder jagt, die auf ihrer Flucht das Geld in einer Puppe versteckt mit sich führen, ohne davon zu wissen…

Da gibt es nicht wenige Szenen in diesem Schwarz-Weiß-Film, bei denen es mir eiskalt den Rücken hinunter läuft, und ich frage mich wie der kleine Junge, ob er denn niemals müde wird… Er reitet ohne Rast und Ruh‘ und singt sein grausig‘ Lied  

Und noch ein Film aus diesem Jahrzehnt hat mich nachhaltig beeindruckt, denn er bleibt ziemlich dicht an dem gleichnamigen Theaterstück von Tennessee Williams, was man nicht oft hat:

(7) Die Katze auf dem heißen Blechdach von Richard Brooks (1958):

Elizabeth Taylor als Maggie, die versucht, ihre verkorkste Ehe mit Brick (Paul Newman) zu retten, während die große Geburtstagsfeier von Bricks Vater „Big Daddy“ bevorsteht, an der es dann schließlich zum großen Krach zwischen allen Familienmitgliedern kommt; sind Bricks Bruder und dessen Familie mit dem Hintergedanken erschienen, dem schwerkranken, alten Mann das gesamte Vermögen abzuschwatzen.

Ach ja, die Fünfziger Jahre, die hatten viele Perlen zu bieten, u.a. den Bibelschinken „Quo Vadis“ (1951), „Don Camillo und Peppone“ (1952), „Verdammt in alle Ewigkeit“ (1953) und „Das Siebente Siegel“ von Ingmar Bergman (1957), aber irgendwo muss man ja mal eine Grenze ziehen.

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Welcome to the Sixties – wir nähern uns meinem Geburtsjahr… Was habe ich mich letzte Woche bei den folgenden Schätzchen amüsiert:

(8) Eins, Zwei, Drei von Billy Wilder (1961), (9) Dr.Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben von Stanley Kubrick (1964) und (10) Genosse Don Camillo von Luigi Comencini (1965):

Wer die Gemeinsamkeiten auch ohne meinen Spoiler errät, darf sich ein Ei drauf backen; ich verrate es jetzt ohnehin: Alle drei behandeln in irgendeiner Form den Kalten Krieg.

Billy Wilders Komödie spielt im geteilten Berlin, noch vor dem Mauerbau und handelt von den Bemühungen des West-Berliner Coca-Cola-Direktors McNamara, die Brause in der Sowjetunion groß rauszubringen. Ihm macht jedoch Scarlett, die eigensinnige Tochter seines amerikanischen Vorgesetzten, die bei ihm und seiner Frau zu Gast ist, einen Strich durch die Rechnung, indem sie heimlich ausbüxt und einen Ost-Berliner Kommunisten Otto (Horst Buchholz) heiratet. McNamara, der die Ehe der beiden mit höchst unfairen Mitteln torpediert, muss zurückrudern, als sich herausstellt, dass Scarlett schwanger ist. Wie er es dennoch schafft, Otto aus dem Gewahrsam der Ost-Berliner Volkspolizei zu befreien und diesen in einen Vorzeigeschwiegersohn von adeligem Geblüt zu verwandeln, das ist so grotesk und turbulent inszeniert, dass ich es kaum beschreiben kann.

In Stanley Kubricks bitterböser Satire löst der wahnsinnige General Jack D. Ripper einen Atomkrieg gegen die Sowjetunion aus, indem er sämtlichen B52-Bombern den Befehl „Angriff nach Code R“ erteilt. Es kommt zur Krisensitzung im War Room des Pentagons, wo General Turgidson dem Präsidenten den bahnbrechenden Vorschlag macht, die USA solle alle verfügbaren Atomwaffen auf die Russen abzufeuern, um deren Vergeltungsschlag zuvorzukommen; das würde die Verluste ineinem erträglichen Rahmen halten. Dass der Präsident keine Lust hat, als der größte Massenmörder seit Adolf Hitler in die Geschichte einzugehen, ist Turgidson jedoch völlig unverständlich. Ob am Ende das Unheil doch noch abgewendet werden kann, möchte ich hier nicht verraten – was den Film so interessant macht, ist das Bühnenbild, das so echt wirkt, dass Ronald Reagan bei seiner Amtseinführung gerne den War Room, der in dieser Form gar nicht existiert, besichtigt hätte. Leider ohne Erfolg.

Beide Filme wurden übrigens von der Geschichte überholt. Bei „Eins, Zwei, Drei“ kam der Bau der Mauer dazwischen, so dass die Szenen am Brandenburger Tor im Studio gedreht werden mussten; bei „Dr.Seltsam“ war das Attentat auf Kennedy der Grund, dass Dialoge umgeschrieben werden mussten. „There ain’t much fun in Dallas“ wäre dann doch zu pietätlos gewesen.

Mit „Genosse Don Camillo“ gibt es zu guter Letzt dann noch etwas zum Schmunzeln. Im letzten Film der „Don Camillo“-Reihe reisen Don Camillo (der Pfarrer des beschaulichen Städtchens Brescello) und Brescellos Bürgermeisters Peppone mit einer Delegation in die frischgebackene Partnergemeinde in der Sowjetunion. Natürlich darf keiner erfahren, dass ein Geistlicher unter ihnen weilt, aber Don Camillo wäre nicht Don Camillo, wenn er es nicht fertigbrächte, einen Popen davon zu überzeugen, fortan nicht mehr im Verborgenen zu bleiben.

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Auch in den Sechziger Jahren gab es jede Menge gute Filme, wie z.B. „Psycho“ von Alfred Hitchcock (1960) oder die Kriminalkomödie „Der rosarote Panther“ mit Peter Sellers als schusseliger Inspektor Clouseau und einer höchst interessaten Umkleideszene zu Beginn des Films – aber die oben genannten drei schienen mir in dem Zusammenhang noch interessanter.

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Bleibt nur noch eins zum Abschluß… nämlich ein Film aus meinem Geburtsjahr 1967: “Tanz der Vampire“ von Roman Polanski, eine herrlich verdrehte Parodie auf den Vampirfilm schlechthin, die mit allen Klischees aufs Vortrefflichste spielt – und so schließt sich der Kreis, denn mit einem Vampirfilm habe ich angefangen. „Bonnie & Clyde“ aus demselben Jahr passte somit nicht mehr in diese Aufstellung hinein.

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Ich hatte bei dieser sehr lang gewordenen Blogparade viel Spaß und hoffe, die anderen Filme, die ich nicht geschafft habe und die nicht auf meine Liste kamen, eines Tages noch einmal sehen zu können.

 

Poetry in motion pt. II: Es ist großartig, wieder frei zu sein…

… und zwar frei von jeglichen Verbänden, Nähten oder Klammern. Ist zwar lästig, wieder früh aus den Federn zu müssen, aber zwei Wochen nichts richtig tun zu können, ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Habe ich schon erwähnt, dass ich meine Fotos sortiert habe?

Zum Thema „Künstlerisch gewollte Unschärfe“ habe ich mich mit meinen Aufnahmen beschäftigt, die auf der Luminale 2012 und 2014 entstanden sind. 2012 hatte ich mir die digitale Spiegelreflexkamera von meinem Mann ausgeliehen, 2014 dagegen war ich mit meiner eigenen digitalen Kompaktkamera losgezogen, bei der man leider aber gar nicht so viel selbst einstellen kann. Da gab die Kamera meines Mannes entschieden mehr her.

Größere Blendenöffnung? Längere Belichtungszeiten? Alles kein Problem, auch nicht ohne Stativ. Zu sehen gab es statische und bewegte Lichtkunst, und die wollte ich festhalten, auch wenn mir dabei vermutlich jede Menge Leute vors Objektiv geraten würden. Aber das war mir gleich, denn ich hatte mir überlegt, dass deren Bewegungen nur als diffuse Schatten auf dem fertigen Bild zu sehen sein würden; und da ich den Fokus auf das Kunstwerk gerichtet hatte, würde das der Aufnahme vielleicht sogar das gewisse Etwas verleihen. Leider lief die Aktion nicht ganz so, wie geplant. Denn es trat genau das ein, was ich und andere gern als den Vorführeffekt bezeichnen. Kaum ist man im Urlaub und möchte eine Sehenswürdigkeit fotografieren, latschen einem unaufmerksame Leute vor die Linse. Aber möchte man genau diesen Effekt erzielen, bekommen die anderen Besucher der Ausstellung plötzlich skrupel und schicken sich an, in Ehrfurcht zu erstarren. Es war ein schönes Stück Überzeugungsarbeit nötig, um sie dazu zu bringen, mich fürderhin zu ignorieren und nach eigenem Gusto den Raum zu durchqueren.

Für mein eigentliches Projekt „Poetry in motion“ hatte ich mir als Motiv ein Tuch ausgesucht, das per Seilzug vom Boden an die Decke hinaufgezogen wurde, von wo es sanft nach unten schwebte. Diese Bewegung galt es, möglichst verwischt einzufangen; denn nicht immer empfinde ich ein Motiv, das in der Bewegung eingefroren wurde, als stimmig.

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Es waren dazu mehrere Versuche mit unterschiedlich langen Belichtungszeiten notwendig. Das gleiche probierte ich dann auch sofort bei dem Newtonschen Pendel aus fünf Glühbirnen aus.

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Ach, was war ich von der Kamera begeistert, die brav tat, was ich wollte. Auch in Frankfurt unterm nächtlichen Himmel, in der Liebfrauenkirche und in der Katharinenkirche. Einige Bilder schickte ich an die Onlineredaktion der Frankfurter Rundschau, die ihre Leser um Zusendung ihrer Aufnahmen von der Luminale gebeten hatte.

Zu meiner großen Überraschung wurde aber nicht eins der fotografisch gut gelungenen Bilder ausgewählt, sondern ein grisseliges und dilettantisch mit meinem uralten Handy (nicht Smartphone) aufgenommenes Foto von einer Modenschau bei Schwarzlicht. Auf meine Frage, warum ausgerechnet dieses in die Galerie aufgenommen worden war, erhielt ich die verblüffende Antwort, dass es von den beliebtesten Frankfurter Kunstwerken schon jede Menge gestochen scharfes Material gäbe, aber keines von einer Veranstaltung in der Nachbarstadt.

Ich habe nicht schlecht gestaunt.

Poetry in motion pt. I: wer die Schleichwerbung findet, darf sie behalten

Zwei Wochen lang war auf meinem Blog nichts mehr los; na ja, Schreiben macht keinen Spaß, wenn man nur neun Finger zur Verfügung hat, weil der zehnte in einem dicken Verband steckt. Zwangspause mit genähtem Ringfinger? Geschärfte Küchenmesser gepaart mit Unachtsamkeit bei dem Versuch, beim Zwiebelschneiden mit dem Schatz Konversation zu betreiben, machen’s möglich. Noch so eine Tätigkeit, bei der sich Multitasking nicht auszahlt. Entweder das Messer weglegen und sich dann vom Schneidebrett wegdrehen oder aber den Schnabel halten und mit auf die Zwiebel geheftetem Blick weiterschnippeln. Aber niemals nicht beides zugleich – neve ever! Das wäre dann der neueste Küchentip aus dem Hause blaupause7.

Stellt sich die Frage, was man während so einer Zwangspause zu Hause anstellen kann. Plätzchenbacken fällt aus wegen Bodennebel, und dass sich die Zeit am Computer auf simples Lesen und Fotobetrachten beschränkt, liegt eigentlich klar auf der Hand. DVDs und Fernsehen kann man auch machen, muss man aber nicht. Ich habe es trotzdem getan und mir eine Liste der zehn besten Filme, die vor meiner Geburt das Licht der Leinwand erblicken, zusammengestellt. Drei daraus habe ich mir dann tatsächlich gemütlich vom Sofa aus angeschaut: „Das Fenster zum Hof“, „Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ und „Eins, zwei, drei“ mit der unvergleichlichen Lilo Pulver als Sekretärin des Coca-Cola-Bosses James Cagney im Berlin vor dem Mauerbau. Lachen soll bekanntlich gesund sein, und selbst auf unserem Weihnachtsmarkt ist dieses Jahr der Truck mit der braunen Sprudelbrause angekommen – von daher passt’s.

Weil das Fernsehen keine echte Option war, habe ich mir die Zeit beim Beobachten der Bauarbeiter gegenüber vertrieben. Die waren auf dem Dach u.a. mit einem Schweißbrenner zugange. Und das bei diesem Wind. Zum Glück hatten wir zweistellige Temperaturen, da mussten die armen Kerle nicht so frieren. „Das Fenster zum Hof“ lässt grüßen. Ich hatte mir sogar kurzzeitig überlegt, ihnen ein Tässchen Glühwein aus unserer Küche vorbeizubringen, aber dann wären sie eventuell nicht mehr in der Lage gewesen, noch gewissenhaft zu arbeiten. Und dann hätte ich eventuell eine Einlieferung in die Notaufnahme samt anhängigem Prozeß vor Gericht wegen Gefährdung des Bauwesens und Verstoß gegen die Arbeitssicherheit ausgelöst. Okay, ich sollte weniger Grey’s Anatomy oder Suits gucken und dafür mehr lesen oder an meinen Fotokünsten feilen.

Gott sei Dank, wurden heute endlich die Fäden gezogen. Schon die Fahrt zu meinem Hausarzt war ein Erlebnis, das seinesgleichen sucht. Dem Bus wurde nämlich an der Ampel die Vorfahrt genommen, und zwar von einem LKW… aus der Fahrschule um die Ecke. Die klassische Situation, die man sich weder als Fahrschüler, noch als Fahrschullehrer wünscht, und schon gar nicht als Busfahrer oder Fahrgast – auch wenn es keinen Personenschaden gab. Ob es zu einem Blechschaden kam, konnte ich nicht erkennen – aber die Zeit bis zu meinem Arzttermin wurde knapp, und ich war nicht die einzige, die einen Arzttermin hatte. Nachdem der Busfahrer sein notwendiges Telefonat beendet hatte, ließ er uns durch die vorderste Tür aussteigen – kein Grund, sich als Fahrgast aufzuregen. Alles gut. Das Entfernen der Fäden tat übrigens auch nicht mehr weh, als wenn ich mich beim Nähen mit der Nadel in den Finger pieksen würde.

Das bißchen Ziepen habe ich gerne in Kauf genommen, denn durch den ausladenden Verband konnte ich den Finger nicht krümmen, und nach zehn Tagen waren die Sehnen schon ein wenig versteift. Zum Glück hilft da Fingergymnastik, damit keine ernsthaften Schäden übrigbleiben.

Habe ich schon erwähnt, dass ich meine Fotos sortiert habe? Endlich habe ich auch wieder meine Bilder von der Luminale 2012 und 2014 gefunden, und die gibt es in einem gesonderten Beitrag als Schmankerl für ein Fotoblog, das ich bei wordpress gefunden habe und sehr lesenswert finde.