
Auf ihrem Blog hat dreikah eine Linkparty eröffnet, in der wir all unsere aus Waxprint entstandene Kleidung verlinken können – „gerne mit Quellenangabe und auch mit guten oder schlechten Erfahrungen, welche Schnitte sich gut eignen, welche gar nicht und was so zu beachten ist bei der Verarbeitung.“
Da bin ich doch gerne mit von der Partie, schon allein deshalb, weil auch ältere Posts kein Problem sind; und zu Schnitt und Verarbeitung kann ich auch etwas beitragen. Also denn:
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Materialbeschreibung:
Stoff von Phoenix Hitarget / Schnitt: Kleid „Jessy“ aus La Maison Victor Januar/Februar 2015
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Erfahrungsbericht: Schon öfters habe ich sie an anderen bewundert: Kleider und Röcke aus sogenannten African-Waxprints (Stoffen in traumhaften Mustern und Farben). Als ich dann letztes Jahr in meiner Heimatstadt einen Laden entdeckte, der neben einem umfangreichen Sortiment aller erdenklichen Stoffe von Baumwolle über Satin und Tüll bis hin zu Jersey auch eine sehr kleine Auswahl an Waxprints führt, zu Preisen zwischen 30 und 50 Euro für den Kupon von 6 Yards Länge.
Bei dem Preis war mir klar, dass es sich nicht um die Originale der holländischen Firma Vlisco handeln kann (die locker das Dreifache kosten), sondern um ein Produkt made in China. Ich möchte jetzt keine Werbung machen, aber laut aufgeklebtem Etikett heißt der Hersteller Phoenix Hitarget. Für ein Probemodell, so dachte ich, eignet der sich prima – und dann stieß ich beim Durchblättern der 2015er Januar/Februar-Ausgabe des Magazins „La Maison Victor“ auf das Kleid „Jessy“, an dem man laut Besch mehrere Nähtechniken auf einmal ausprobieren konnte.
Dank der zehnseitigen Anleitung war es auch kein Hexenwerk, dieses ärmellose, knielange Kleid mit Gummizug in der Taille und abgesteppten Falten auf der linken Seite zu nähen: Das sind dann schon zwei Nähtechniken; der Verschluß am Rücken ist Technik Nummer Drei. Eine schöne Beschreibung inclusive Foto des Originals habe ich bei exclamation point gefunden. Allerdings hätte mir eine Warnung sein müssen, dass für das Originalmodell ein unifarbener Stoff verwendet wurde; kein Wunder bei den vertikal verlaufenden Falten, die jedes Muster zerstückeln würden.
Daher fiel beim Kauf des „Probestoffs“ meine Wahl auf einen Druck mit breitgestreutem Paisleymuster in weiß, ocker und knallgelb auf dunkelrotem Grund, weil ich hoffte, den Stoff beim Zuschnitt so legen zu können, dass nicht zu viele Paisleys in den Falten verschwinden würden. Was mir beim Kauf im Laden jedoch nicht aufgefallen war und mir beim Zuschnitt des Vorderteils zum Verhängnis wurde, waren die riesigen Kreismuster im Zentrum eines jeden Musterrapports. Der Kreis sieht auf dem Rücken zwar ganz hübsch aus, wird aber durch die Falten stark verzerrt, dass das Muster verstümmelt aussieht. Auf dem Foto über diesem Beitrag kann man es gerade so erkennen. Leider hatte ich kein besseres zur Hand. Auf dem Blog von fantastisch kann man die Details besser erkennen. Auch hier wird mir mal wieder bewusst, dass solche raffinierten Schnitte mit Musterstoffen ein heikles Thema sind und eigentlich am schönsten ganz pur in uni wirken.
Mein Fazit: Für diese Art von Waxprint war „Jessy“ das falsche Modell; ein geradliniger Schnitt ohne viele Details wie Falten oder Abnäher wäre geeigneter gewesen. Was das Kleid „Jessy“ betrifft, so ist für mich der Hochsommer keine gute Jahreszeit gewesen, denn ein Gummizug auf nackter Haut und dann noch an Stellen, an denen sich generell mehr Schweiß sammelt, ist für mich Hölle pur. Ich habe es ausprobiert, denn als wir von der Kirmes in Brakel zurückkamen, war ich an Bauch und Rücken rotgescheuert. Fazit: Wenn noch einmal Jessy, dann entweder ohne Gummiband in der Taille oder grundsätzlich nur noch mit Unterkleid oder einem leichten Futter.
Was den Stoff dieser Firma betrifft: Wir haben inzwischen einen weiteren Stoffkupon zum Nähen eines Hawaiihemds erworben. Bezahlt haben wir 39,– Euro und gleich mehrere Nachteile festgestellt:
1) Die aufgeklebten Etiketten (und es gibt drei große und mehrere kleine davon) ließen sich nur sehr schlecht ablösen, und nach dem Waschen sind Wachs- und/oder Kleberreste am Stoff zurückgeblieben.
2) Die Stoffbahn ist zwar 6 Yards lang, aber nur 130 Zentimeter breit. Da die exakten Maße auf den Etiketten nicht angegeben sind, empfiehlt sich ein Nachmessen der Breite noch im Laden.
3) Beim Zuschneiden der Hemdenteile haben wir entdeckt, dass sich der Stoff nicht nur wegen eines anscheinend leichten Stretchanteils verzieht, sondern dass das Muster nur in den senkrechten Partien parallel verläuft – in den waagrechten Partien steigt es nach rechts leicht an. Dadurch wird es fast unmöglich, dass sich die Muster an den Seitennähten treffen.
Und nun bin ich gespannt auf die anderen Damen und Herren, die hoffentlich mehr Glück als ich mit Waxprints hatten.