„Landet die Gans im Mist, ändert sich Weihnachten oder bleibt wie es ist.“
Nachdem ich den Film „Single Bells“ gesehen habe, ist mir klar, warum so viele Menschen Weihnachten gleich ganz in die Tonne kloppen möchten, doch so weit bin ich zum Glück nicht. Wider Erwarten wurde es dann doch noch halbwegs erträglich: kein großes Gedöns, leere Lebensmittel- und Getränkemärkte, entspanntes Baumschmücken, einfache und von langer Hand vorbereitete Leckereien, kein Schnee oder anderes unangenehmes Siffwetter, und einfach mal ausschlafen und faul sein. Auch wenn ich weitgehend allein war… Und obwohl ich mir im Fernsehen so gut wie nie die nahezu unausweichlichen und immer unsäglicher werdenden Jahresrückblicke anschaue, habe ich an meinem eigenen gebastelt. Inspiriert hat mich ein Versprecher in der Tagesschau:
„Weite Teile Augsburgs wurden entschärft, um eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg zu evakuieren“, oder so ähnlich – obwohl den Betroffenen zum Zeitpunkt der Meldung wahrscheinlich so gar nicht zum Schmunzeln war. Es ist zum Glück gutgegangen, und den 54000 Augsburgern ist nichts passiert. Wie eine Bombe eingeschlagen, haben persönliche Tiefschläge im Oktober, weshalb ich diesem Monat das Prädikat „Loser des Jahres“ verpassen möchte. Auf Einzelheiten möchte ich an dieser Stelle verzichten, aber ganz eng damit hängen meine Erlebnisse im Folgemonat zusammen, von denen ich zum damaligen Zeitpunkt nicht gedacht hätte, dass sie mir in den schlimmsten Momenten eine Hilfe sein würden. Dazu zählen:
– Begegnungen mit ganz tollen Menschen während der „NähNerd-Klassenfahrt“ in der zweiten Novemberwoche nach Berlin
– die Erkenntnis, dass die Bahn doch besser sein kann als ihr Ruf und ich den Besuch des Bordbistros genoss und mich fühlte wie in vergangenen Zeiten
– der Maybachufermarkt am Landwehrkanal, der auf mich aus der Ferne wirkte wie einer der Amsterdamer Flohmärkte entlang der Grachten
– die Entdeckung eines der schönsten Bücher, die ich in der letzten Zeit lesen durfte: „H wie Habicht“ von Helen MacDonald
– zwei Ausstellungen: Balenciaga im Kunstgewerbemuseum in Berlin und „The Goldfinch“ in der National Gallery in Edinburgh
Mir scheint, ich gehe das Jahr noch einmal rückwärts durch, denn als nächstes fällt mir der September ein, in dem wir ein letztes Mal zusammen Urlaub machten. An der Mosel, auf dem Campingplatz in Wehlen, wo wir alte Bekannte wiedertrafen, mit denen wir das Weinfest mit großem Feuerwerk erlebten und uns drei Kartons mit jeweils sechs Flaschen Weißwein „Wehlener Sonnenuhr“ zur Erinnerung an diese schöne Zeit kauften. Schön deshalb, weil ich u.a. zum ersten Mal die Sonnenuhr im Weinberg auf der anderen Seite des Flusses in der Dunkelheit angestrahlt sah, wir endlich einmal mit einem Ausflugsschiff die Mosel befuhren und weil ich meine geliebten Damhirsche wiedersah. Diesmal sogar in der Morgendämmerung. Dass ich so bald nicht wieder hinfahren würde, konnten wir zu diesem Zeitpunkt beide nicht ahnen.
Im Sommer sahen wir uns nur an den Wochenenden, denn mein Mann musste erneut in die Reha in den Odenwald, und diesmal war die Route, die ich im Normalfall gefahren wäre, wegen Bauarbeiten gesperrt; weshalb ich entdeckte, dass die Ausweichstrecke landschaftlich viel mehr zu bieten hatte. Wenn ich heute an unsere gemeinsamen Spaziergänge und unser Mondscheinpicknick zurückdenke, fühle ich nichts als Traurigkeit.
Vielleicht möchte ich mich dann doch lieber an das Frühjahr mit seinen beiden Highlights erinnern: der Luminale im März und dem Nähbloggerinnentreffen im April?
Oder ich gehe noch weiter zurück in den Januar mit der AnNäherung in Bielefeld und unserem Kinobesuch im Cinemaxx – mit dem einzigen Film übrigens, den ich 2016 gesehen habe: das Dr.Who-Christmas-Special „The Husbands of River Song“ und anschließendem „Making of“… Vielleicht komme ich im neuen Jahr entdlich einmal dazu, einen der wenigen Filme zu sehen, die mich zu einem Kinobesuch reizen würden. Jetzt ist ja eine neue Jane-Austen-Verfilmung mit Kate Beckinsale angelaufen. Mal schauen, ob das was wird.
Ansonsten – viel gibt es über dieses im wesentlichen nicht so prickelnd verlaufene Jahr zu sagen, außer dass für mich der Vollhonk des Jahres jetzt schon feststeht: die Idioten, die schon an Heiligabend ballern. Stille Nacht geht irgendwie anders (und ich hoffe, dass die Böller bald alle aus sind, damit sich diese verfrühte Knallerei in erträglichen Grenzen hält). Trotz dieses leicht selbstsüchtigen Wunschs wünsche ich allen einen guten Start in das neue Jahr.