Kurzes Update – gerade habe ich es gesehen: Auf meinem Blog ist dies der 1400. Beitrag – ohne die Etüden und den #writing friday hätte ich bedeutend weniger geschrieben und wäre nicht da, wo ich heute bin.
Ich muss ja nicht immer ins All reisen. Aus der Wortspende von kommunikatz für Christianes aktuelle Etüde (Pilze – traurig – schlafen) kann man so viel machen; zum Beispiel eins der Wörter in eine Metapher verwandeln.
Wie in der Illustration beschrieben, ist das Ziel ein Text aus weniger als 300 Wörtern (ohne die Überschrift und das ganze Drumherum). „Reisen bildet“, sagt man. Manchmal kann man aber auch einfach nur ziemlich dumm dastehen.
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Die Führung
„Komm, lass uns hier abbiegen!“ riss Lukas seine Freundin aus ihren Gedanken.
Bloß nicht, stöhnte sie innerlich. Sie wollte nach zweihundert Meilen über die Landstraße nur noch ankommen und schlafen. So kurz vorm Ziel und dann einfach aus einer Laune heraus die Route verlassen? Als sie das Schild sah, wusste sie Bescheid: Natürlich, ihr Herzblatt musste unbedingt noch eine Destillerie besichtigen – davon hatten sie in den letzten beiden Wochen doch schon wirklich genug abgeklappert…
Der nächste Tag brachte nichts als Nebel, nicht ungewöhnlich für die Isle of Skye und ideal für eine geführte Tour durch die Destillerie, deren Lagerhäuser manchmal vom Meerwasser geflutet wurden und die deswegen für ihre maritimen Whiskys bekannt war. „Ob man statt Gerste auch anderes Getreide nehmen kann?“ überlegte Julia halblaut.
Mit einem Mal wurde es mucksmäuschenstill um sie herum. Die beiden Guides waren plötzlich hinter ihr in Bruchteilen von Sekunden aufgetaucht – wie Pilze aus dem Boden gewachsen. Alle Augen waren auf sie gerichtet, und Julia fühlte sich so klein wie Bilbo Beutlin gegenüber einem sehr zornigen Gandalf, der zu einem Vortrag über die wahre Natur des Einen Rings ansetzte.
„Das“, sprach die junge Schottin, während sie Julia von Kopf bis Fuß musterte, „wäre dann aber kein Single Malt mehr, sondern Bourbon!“ Der andere Guide schnaubte konsterniert.
Julia konnte die Todesverachtung spüren, mit der man sie musterte, und ließ traurig den Kopf hängen, als Lukas von ihr weg rückte, als gehöre sie nicht dazu.
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243 Wörter für diese Momentaufnahme. Vielleicht war das nicht die letzte.
Wenn man noch nachdenkt über Informationen, während die anderen schon Andacht feiern für das von ihnen Verehrte passiert so etwas immer wieder.
Eine super Idee für die Wortspende, die Pilze nur redensartlich einzusetzen.
Ach, so ein Ausflug nach Schottland ist doch einfach schön. Und lehrreich. Wo ich ja so überhaupt keine Ahnung vom Whisky habe. 😉
Manchmal veranstalten sie auch hier Whiskytastings.
Ich weiß, die gibt es auch hier. Aber Whisky ist so gar nicht mein Getränk. 😉
Ich hab auch null Ahnung von Whisky, vor allem weil ich ihn ekelig finde. 😅 Könnte also ich sein.
Das konsternierte Schnauben konnte ich mir btw wundervoll vorstellen.
Kommt immer auch auf den Whisky an. Wenn man keinen zu extrem schmeckenden, sondern eher einen milden nimmt und den wie einen Cognac, ist das eine andere Erfahrung, als wenn man zB Jacky-Cola mixt.
Ich hatte leider auf einer Messe eine üble Begegnung mit Bourbon – der erinnerte an Möbelpolitur.
Ich bin extremer Bitterschmecker und kann nichtmal normales Bier geschweige denn Kaffee ohne 50% Milch trinken. An mir sind Hopfen ung Whisky verloren. 😂
BOURBON! Natürlich, wer Bourbon trinkt, frisst mindestens auch kleine Kinder – oder so.
Mein Verhältnis zu Whisk(e)y ist gespalten. Manchen mag ich, manchen gar nicht, wissen tu ich es erst hinterher und Kopfweh bekomme ich von allen. Zumindest auf Letzteres würde ich gern verzichten.
Ich würde mich freuen, wenn das nicht deine letzte Etüde zu diesen Worten gewesen wäre! 😉
Sehr vergnügte Grüße
Christiane 😀
war sie auch nicht – die Dritte kommt bald.
Und da sind die Pilze von ganz anderer Art.
Darauf einen Single Malt…
Och, ich mag whisky und habe dank eines meiner Exfreunde sogar ein bisschen rudimentäre Ahnung davon 🙂 Die Story finde ich trotzdem sehr gelungen, denn aus Erfahrungen in tausenden von anderen Lebensbereichen kann ich mich total gut in die Protagonistin hineinversetzen. Fettnäpfe gibts ja nicht nur bei Hochprozentigem.
Mir ist gerade dieser eingefallen, weil ich so eine Situation 2008 schon selbst erlebt habe – nur mit dem Unterschied, dass mein Mann nicht so getan hat, als kenne er mich nicht.
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