Die Wortspende zur aktuellen ABC-Etüde (ihr findet sie hier, auf Christianes Blog) stammt diesmal von Ludwig Zeidler: Königskuchen, akribisch und träumen. Die Inspiration habe ich tatsächlich durch einen der Schülerinnenbeiträge auf dem Schreibenblog bekommen.
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Aber bitte mit Sahne
Sanft wehte zarter Blumenduft in Tante Lissys „gute Stube“ herein und vermischte sich mit dem Aroma frisch aufgebrühten Kaffees. Mein Blick fiel auf die Kaffeetafel, die sie zu ihrem nachgeholten achtzigsten Geburtstag aufgebaut hatte: Cupcakes, eine leuchtendrosa Himbeer-Sahne-Torte, Käsekuchen und mitten drin ein mit einer goldenen Papierkrone dekorierter Königskuchen. Tante Lissy hatte schon am Dreikönigstag feiern wollen, doch wegen des Lockdowns hatte sie davon nur träumen können.
Heute ein König… Im Überschwang verkündete das Geburtstagskind, dass der Person, die das eingebackene Figürchen finden würde, für den Rest des Tages die Krone gebührte.
Ich hörte nur mit halbem Ohr hin und rührte missmutig in meinem Kaffee. Alles hätte so schön sein können, wenn Paps mich nicht alleine mitgeschleppt hätte. Total unfair war das: Alle durften in Begleitung kommen. Alle, außer mir. Und alles nur, weil er meinen neuen Freund nicht ausstehen konnte. Bestimmt stank ihm, dass ich mit Matthias Schluss gemacht und „einen gitarrespielenden Nichtsnutz“ dem Traum eines jeden Schwiegervaters vorgezogen hatte.
Geradezu akribisch hatte er über ihn recherchiert, um mir vorzuhalten, was ihm alles an ihm nicht passte. Meine schlechte Laune wurde wurde auch nicht durch die mir von Mama mitfühlend zugeschobene Sahneschüssel besser. Na gut, weil ihr’s seid, stieß ich seufzend meine Gabel in das vor mir stehende Kuchenstück und ließ das penetrant nach Rum schmeckende Biskuit in meinem Mund verschwinden.
Gleich darauf nahm ich einen kleinen Fremdkörper wahr, der dort scheinbar nicht hingehörte, und hätte den Happen am liebsten wieder ausgespuckt. Die Geburtstagsgesellschaft verstummte, als ich eine kleine Königsfigur aus Plastik zwischen meinen Lippen hervorzog, und mitten in die Stille hinein vibrierte mein Handy und dudelte Why you gonna be so rude…
Dieser Klingelton: Das konnte nur einer sein. Und ich wusste auch schon, was meine nächste Amtshandlung als frischgekürte Königin sein würde. Und Paps konnte nichts dagegen tun.
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Genau 300 Wörter für meine österliche Etüde, zu der mir dieser Song von Magic! – vorgestellt von einer Schülerin auf dem Schreibenblog – die Inspiration geliefert hat.
Coole Idee, sehr nachvollziehbar, die Verschiebung von Dreikönig bis jetzt 👍. Ich werde den Etüdenerfinder fragen, ob ihm die Sache mit dem eingebackenen Figürchen bei der Auswahl des Wortes wichtig war.
Und die leichte Genervtheit, die allerorten durchschlägt, amüsiert mich, inklusive musikalische Untermalung 😀👍
Danke für deine erste Etüde!
Feiertagsabendgrüße 😀✨🌼🍷🍪👍
Ich mag die Idee, dass die Königin das Tages nun ihren Freund noch an die Kaffeetafel laden kann.
Manche Väter haben ein Gespür dafür, ob jemand ihrer Tochter gut tut 🎂… . Vielleicht sollte sie die Worte, die bei ihr geklingelt haben nach seinem Vortrag, doch ernster nehmen? ☕☕☕
vielleicht aber auch nicht 😉
Kann auch ein Lied davon singen: die ist doch viel zu jung für dich; mach doch erstmal den Abitur; so früh willst du dich schon binden, …. na, ja, ein paar Jahrzehnnte hält es schon!
Ja, ja, dazu würde auch das Lied „Junge“ von den Ärzten gut passen.
Das stimmt! „Wie du wieder aussiehst“ hab ich ganz vergessen anzuführen.
Danke für die Erinnerung!
Jawoll. Aber der Papa bekommt auch noch seinen Auftritt.
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