Wattpad-Schreibchallenge „Mein Buch für Dich“: Kapitel 20

Kapitel 20 *** Feli : Everyday is Halloween

You lose your routine ‚cause I found my path. What the hell are you trying?
Now I know there is something more -Apocalyptica „Path, Vol.2“-

Nichts wie weg, ist mein einziger Gedanke, als die Tür aufgerissen wird und sich einer dieser Druiden vor Finn aufbaut. Den gesamten Türrahmen füllt dieser Kerl aus. Noch ein Schritt, und es wär’s für ihn, oder besser gesagt für uns. Was musste Finn, der sich den Stein geschnappt hat, sich auch bis ganz nach vorne vordrängeln und mit seinem Gehampel schlafende Hunde da drinnen wecken? Uns schnappen? Nicht mit mir! Reflexartig reiße ich die Kamera hoch und drücke auf den Auslöser, was im Grunde völlig sinnlos ist, weil die Kamera eigentlich gar nicht funktionieren dürfte, nach der langen Zeit. Aber sie tut es, und ein gewaltiger Blitz lässt die gesamte Hütte für einen winzigen Moment grell aufflackern; so grell, dass es in den Augen schmerzt.

Flash. Ah-ah. Saviour of the universe. Flash. Ah-ah. He’ll save every one of us…

Von null auf hundert in einer Sekunde? Das ist der Moment zum Weglaufen! Drei Dumme, ein Gedanke. Und schon hetzen wir, hakenschlagend durch den Wald hinunter zum See.. schlittern mehr, als dass wir rennen, über die glibberigen Steine, die wieder zum Vorschein gekommen sind, seit dieser Rhys den Stein aus dem Schlamm gefischt hat. Wusste ich doch, dass Flo damit recht hatte, als er mit dem Beispiel vom Einen Ring aus „Herr der Ringe“ ankam und feststellte, dass Jo in diesem Punkt echt nicht die hellste Kerze auf der Torte gewesen ist. Das Ding auf diese Weise loszuwerden, um die anderen daran zu hindern, uns weiter durch den Wald zu verfolgen – was für eine Schnapsidee!

Andererseits… sollen diese „Erben Avalons“, wie sie sich schimpfen, doch auf ihrer Insel bleiben. Druiden, die im Wald ausschwärmen, sind Dinge, die die Welt nicht braucht. Doch genau das werden sie, wenn der Stein nicht schleunigst verschwindet. Und genau da beißt sich die Katze in den Schwanz. Es genau wie Jo zu machen, würde absolut nichts bringen, weil die Methode inzwischen auch dem Dümmsten bekannt ist. Und ihn im nächsten Loch im Wald zu versenken, oder gar in der Burg?

Doch bevor ich mein Hirn weiter durch die Mangel drehen kann, höre ich dicht hinter mir einen wütenden Schrei.

Finn! Er ist gestolpert und hat das Gleichgewicht verloren, was nicht weiter tragisch wäre, wenn wir niemanden im Nacken sitzen hätten. Ein Blick über die Schulter, und mir läuft es eiskalt durch die Adern. Die Hohepriesterin!

Wie in Zeitlupe strecken sich ihre langen Krallen nach Finn aus, der sich zwar immer noch nicht aufgerappelt, aber sich im letzten Moment seitlich weggerollt hat und jetzt verzweifelt versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Leider vergeblich, denn inzwischen hat Morgane Boden gutgemacht und nun Finns Kapuze im Griff. Als ich ihrem kalten und zugleich triumphierenden Blick begegne, scheint die Zeit einzufrieren, und ich erschauere, wie die anderen vermutlich auch. Das Ende ist nah…

Bis ich ein reißendes Geräusch höre.

Schwer zu sagen, ob es der Stoff von Finns Jacke ist, der unter Morganes Zerren nachgibt und ächzend entzwei geht oder ihr Reißverschluss, der sich unnatürlich laut hallend mit seinem charakteristischen Ratschen öffnet. Aber es kommt aufs Gleiche raus, denn Finn ist zwar nun frei, aber Morgane dafür im Besitz der Jacke, aus der sie mit zielsicherer Genauigkeit den Stein herausfischt und wie eine Trophäe in die Höhe hält.

Die Zeit steht still – diesmal endgültig, denn mir ist, als könne ich ihre Gedanken lesen. Diese Bilder! Was zum…

Ein wie von Sinnen durch den nebeldurchfluteten Wald rasender Unbekannter, auf der Flucht vor Druiden und mit nur einem Ziel: den mir nur zu bekannt vorkommenden Brunnen in der Burg. Nicht lange, und eine Eule kreuzt seinen Weg, wechselt die Richtung, während der Namenlose keuchend am Brunnenrand niedersinkt und mit letzter Kraft einen Beutel in die Tiefe befördert. Jedoch ohne den Schatten zu bemerken, der wie aus dem Nichts hinter ihm auftaucht und offensichtlich nichts Gutes im Schilde führt. Etwas, das auch der Mann am Brunnen zu ahnen scheint, bevor die Vision in undurchdringlichem Schwarz versinken wird, denn sein entgeisterter Blick spricht Bände.

Ohne, dass ich weiß wieso, erkenne ich mit einem Mal die Wahrheit, so unvorstellbar sie auch ist – eine Wahrheit, die so absurd ist, dass sie erstklassigen Stoff für einen Horrorfilm abgeben würde, wenn das hier nicht wirklich passiert wäre, denn sie haben es schon einmal getan. Schon einmal haben sie kurz davor gestanden, ein Portal in die Anderwelt zu öffnen. Doch diesmal wollen sie es dauerhaft tun, und zwar für länger. Für eine sehr lange Zeit. Und dazu brauchen sie den Stein.

Natürlich… ich wusste es: Es muss am Stein liegen, und nur an ihm. Sie brauchen ihn, um dieses verflixte Portal zu öffnen, zu welchem Zweck auch immer. Aber ganz ehrlich? Ihre Gründe sind mir sowas von egal, denn eine einzige Nacht wie Halloween, in der die Schleier zwischen der Welt der Lebenden und der der Toten hauchdünn werden oder sich gar ganz auflösen, ist das Eine. Aber ein dauerhaft geöffnetes Portal, vielleicht sogar für immer? Everyday is Halloween – was für eine grauenhafte Vorstellung. Den Mondstein hätte Morgane nie in die Finger bekommen sollen. Ja ja, Hätte Hätte

Da mag Finn noch so sehr wieder auf die Füße kommen (wenn auch taumelnd mit seinem verstauchten Knöchel) und auf Flo und mich gestützt mehr schlecht als recht hinter Ellie her humpeln. Unter anderen Umständen könnte ich mein Glück kaum fassen, dass sie uns tatsächlich haben entkommen lassen, egal wie schlecht wir zu Fuß sind. Aber leider sind die Umstände so, wie sie sind – und der Stein dort, wo er nie hätte landen sollen. Bei Morgane und ihrer größenwahnsinnigen Truppe, der wir rein zahlenmäßig unterlegen sind.

„Nur noch ein paar Meter“, höre ich irgendwann Ellie darüber jubeln, dass wir tatsächlich doch in die Nähe einer Straße gekommen sind, nachdem wir uns scheinbar stundenlang durchs Dickicht geschlagen haben.

„Jetzt, wo wir es so weit geschafft haben, wäre es doch gelacht, wenn nicht auch noch gleich ein Auto anhalten würde“, stimmt Flo mit ein. Das wäre ja zu schön, um wahr zu sein. Jetzt, wo wir so weit gekommen sind und die Zivilisation in greifbare Nähe gerückt ist, frage ich mich, was genau uns dazu gebracht hat, so lange durchzuhalten. Jeder andere hätte längst aufgegeben.

Aber egal, ob es sich bei der unsichtbaren Kraft, die uns angetrieben hat, um schiere Verzweiflung handelt oder doch eher die Hoffnung, Verstärkung holen zu können – wenn hier nicht bald jemand entlang kommt, können wir unsere wahrscheinlich nur minimal vorhandene Chance, das Schlimmste doch noch zu verhindern, in die Tonne treten. 

„Na, wenn man vom Teufel spricht“, stöhnt Finn da plötzlich, und ich hebe den Kopf, um zu sehen, was er meint. Und tatsächlich nehme ich nicht nur die Motorengeräusche, sondern auch die Scheinwerfer des Vans wahr, noch bevor er hinter der nächsten Kurve hervor und am Straßenrand zum Stehen kommt.

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Die Vorlage zum 20. Kapitel: Jugendliche schaffen es nach einer Weile, auch Hilfe zu bekommen, aber auf dem Weg stolpert eine/r und verletzt sich.

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