Heute gibt es hier einen Gastbeitrag von meinem Mann Andreas. Der besseren Verständlichkeit halber halte ich meine Kommentare in blauer Kursivschrift – die Sätze von Andy dagegen in schwarzer Schrift. Am 4. Mai 2016 hat er um genau 13:10 Uhr nach fünf Tagen Arbeit den letzten Faden abgeschnitten und konnte mir heute Abend die fertige Jacke stolz präsentieren.
„Fünf Tage Arbeit“ klingt ja jetzt nicht besonders spannend, aber darin steckten folgende Schritte:
– Idee
– Einkauf des Materials beim Nähbloggerinnentreffen in Stuttgart
– Entwurf auf Papier
– Zeichnen des Schnitts nach Maß
– Anfertigung eines Probeteils
– Änderungen am selbstentworfenen Schnittmuster unter Berücksichtigung neuer Ideen für das Design
– Zuschnitt von Oberstoff, Futter und Kleinteilen – Zusammenfügen und Verheiraten der Komponenten
Nun lasse ich ihn aber endlich selbst zu Wort kommen…
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Es begab sich damals, zu jener Zeit (in den 80ern !), wo ich mir eine wunderschöne Jacke gekauft habe. Über die Jahre hinweg litt leider das Material, und letztendlich verschwand die Jacke für viele Jahre in den hintersten Winkel meines Kleiderschranks. Zu schade zum Wegwerfen, schließlich hat das gute Designerstück gutes Geld gekostet, und außerdem hing das Herz daran. Was tun? Nach dreißig Jahren Abstinenz an der Nähmaschine beschloss ich folgenden, kühnen Plan: Ich näh‘ mir diese Jacke neu und beseitige die kleinen Fehler, die sie damals hatte.
Nebenbei angesteckt von der leidenschaftlichen Näherei meiner Frau und meinen immer wiederkehrenden Nörgeleien und Verbesserungen an ihrem Stil, war es nun endlich mal an mir, zu zeigen, dass ich es besser kann.
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Schuft! (Anmerkung der Redaktion) – wir spulen fix weiter:
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Material gefällig? Ulrike hatte uns ja nun fürs Treffen in Stuttgart angemeldet, und aus einer fixen Idee wurden konkrete Pläne und der feste Glaube daran, dort passenden Stoff und Zubehör zu finden.
In einem der anvisierten Geschäfte war das Gesuchte schnell gefunden, weil ich exakt im Kopf hatte, was ich wollte. Und im Kurzwarengeschäft von Herrn Berger erspähte ich unter tausenden von Knöpfen innerhalb von fünf Minuten (!) die perfekten Knöpfe. Herr Bergers Kommentar dazu: ‚So langsam werden Sie mir unheimlich.‘ 🙂 Nach diesem gelungenen Wochenende legte ich erst einmal eine kreative Schöpferpause ein, um dann letzte Woche mit frischen Kräften loszulegen.
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Das ist verständlich. Schließlich hat man ja noch so einige andere Sachen zu tun, und das schöne Wetter verlockt einen ja auch zum Motorradfahren. Schön. Kommen wir nun zur Entwicklung Deines Meisterstücks. Was genau war das Schwierigste für Dich daran?
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Die eigenen Maße in einen Schnitt umzusetzen und diesen zu Papier zu bringen. Ein gekauftes oder aus dem Internet heruntergeladenes Schnittmuster hatte ich ja nicht, sondern „nur“ die Originaljacke, und so war eine Menge Kreativität gefragt – auch, weil mir noch haufenweise andere Verbesserungen eingefallen sind.

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Dafür, dass Du um die 30 Jahre nicht mehr an der Maschine gesessen hast, ist das Ergebnis ja nun sehr beeindruckend. Mein lieber Schwan. Hast Du schnell wieder in die einst erlernte Schneiderkunst zurückgefunden oder gab es Momente, wo du nicht mehr wusstest, wo vorne und wo hinten ist?
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Hm. Sicher gab es den ein oder anderen Moment, aber dann ist mir nach kurzem Nachdenken immer eine Alternativlösung eingefallen – aber einfach hinzuschmeißen, kam nicht in Frage; dazu hatte ich viel zu viel Spaß dabei. Kleine Fehler passieren doch jedem; wenn man sie sofort bemerkt und gleich behebt, ist alles gut.

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Wahnsinn. Ich wäre wahrscheinlich längst durchgedreht oder hätte das Teil in die Ecke gepfeffert. Chapeau! Nur noch eine Frage zum Schluss: Wo auf einer Schwierigkeitsskala von eins bis zehn würdest Du Dein erfolgreich abgeschlossenes Projekt ansiedeln? Eins für leicht – Zehn für schwer…
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Eindeutig eine … ich geb‘ dir keine Zahl. Ätsch. Aber ich will nach wie vor noch immer einen Kilt nähen, und der liegt vom Schwierigkeitsgrad erheblich höher.
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Äh……. Ein Kilt ist echte Königsklasse. Am Kopf kratz. Ich hätte eigentlich eine 8 erwartet.
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Aber keine Panik. Du hast ja noch so einen schönen Waxprint und einen Ikea-Stoff; ich glaube, ich fange mal ganz klein mit ein paar Hawaiihemden an. Wo es die echten Kokosknöpfe gibt, weiß ich ja jetzt.
Aber auch hier gilt: Huddeln gilt nicht. Exaktes Arbeiten mit Plan tut Not. Schließlich soll das Bild ja über die Knopfleiste hinaus auch stimmen, und es soll nicht wie „made in Polyacryl aus Fernost“ aussehen.
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Ah! Ein Traum. Schwelg … Mein lieber Schatz, ich danke Dir für diese Worte. Und morgen zeigst Du mir, wie man Knopflöcher näht. Wenn das erste Hawaiihemd fertig ist, darfst Du es hier gerne wieder vorführen. Ich wünsche Dir einen sonnigen Vatertag und weiterhin viel Spaß beim Nähen.
