ABC -Etüden – Wochen 19 bis 22 : Etüde 1 – Nur ein Wort

Nach mehreren Aussetzern gehe ich bei den ABC-Etüden (hier, bei Christiane) nun wieder an den Start  – denn mit den neuen Wörtern (Geist, herb, unterstellen), gespendet von Querfühlerin, kann alles nur besser werden. Oder nicht?

Ist ja herb, was du mir unterstellst!

Sein empörter Vorwurf, der der geselligen Runde ein Ende bereitet und mich auf die andere Seite des Zauns befördert hatte, hallte bei mir noch lange nach.

Ruhe sanft? Von wegen!

Bis in den Schlaf verfolgte mich jene sieben, mir ins Gesicht geschleuderten Worte, nachdem ich gewagt hatte, ihm zu sagen, für wes Geistes Kind ich ihn hielt, und das mit nur einem einzigen Wort.

Vielleicht wäre die Situation nicht dermaßen eskaliert, wenn ich meinen Mund früher aufgemacht hätte, denn die Signale waren eindeutig. Jedenfalls für mich. Konnte ich es meinem Hirn übelnehmen, wenn es seine über Stunden immer wieder wie beiläufig in den Raum geworfenen Äußerungen von selbst zu ganz bestimmten Bildern verknüpfte?

Als er dann noch zum ganz großen verbalen Rundumschlag ausholte, war für mich der Keks endgültig zerbröselt.

Verschwörungstheoretiker!

Das hatte gesessen: nur ein Wort, gezielt von mir fallengelassen wie einen Sprengkörper.

Auch wenn es in diesem Augenblich vorbei war mit der trügerischen Ruhe – mit etwas Abstand betrachtet, bin ich froh, dass nun alle wussten, woran sie waren und dass nichts Schlimmeres geschehen ist

Nach der langen Abstinenz 183 Wörter für meine erste Etüde (mit noch einigem an Luft nach oben).

ABC -Etüden – Wochen 2 bis 5 : Etüde 1 – Egal, oder: das ikeA-Prinzip

Eine Woche ist das neue Jahr schon alt, und endlich geht es bei Christiane in die 2024er  Etüdensaison mit den von Ludwig Zeidler (der auch der erste Spender in 2023 war) gestifteten Wörtern: Krisenmodus ~ faul ~ empfehlen.

„Ich glaub, ich krieg einen Anfall!“

Seufz, stöhne ich innerlich vor mich hin. Nicht schon wieder diese Leier.

„Was heißt da Seufz ?????“

Mist, das hat er gehört. Soll ich ihm jetzt ernsthaft verklickern, dass er sich in letzter Zeit ständig im Krisenmodus befindet und ihn fragen, ob das auch irgendwann wieder aufhört? Nicht, dass es mich größer interessieren würde; also beschließe ich, lieber auf Zeit zu spielen.

„Also gut. Was haben wir heute für ein Problem?“

„Problem? Na, du bist gut. Schaust du denn überhaupt keine Nachrichten?“

Nachrichten. Das ideale Minenfeld, um sich zu blamieren, weil man ja anscheinend seit Jahren unter einem Stein lebt. Aber gut, lass mich raten: Bahnstreik? Klimakleber? Bauernaufstand?

Nein, nach einer kurzen aber heftigen Tirade schwenken wir um ins beliebte Fahrwasser: die lieben Kollegen, vor allem die mit den wohlbekannten Extrawürsten. Das Übliche. Also hole ich an dieser Stelle tief Luft.

„Ich will dir ja nicht zu nahe treten, mein Lieber – aber hier würde ich dir gerne empfehlen, öfters mal ‘nen Gang runterzuschalten, bevor du noch ‘nen Herzinfarkt bekommst.“

So weit so gut, sein Augenrollen habe ich irgendwie erwartet, nicht aber seine Antwort.

„War ja klar, dass sowas nur von dir kommen kann. Du bist ja nur zu faul, deinen Allerwertesten vom Sofa zu heben, du alte Couch-Potato.“

Jedem Tierchen sein Pläsierchen, und vielleicht hat er ja auch recht – er, mein innerer Schweinehund -, aber bevor isch mich uffreesch, is mer’s liewer egal.

240 Wörter für einen Spruch, der den Fußboden des Klingspor-Museums in Offenbach schmückt.


























































Adventüde zum Nikolaus

Auch in diesem Jahr gibt es sie wieder, bei Christiane, die Adventüden:

aus den folgenden Begriffen sollten mindestens drei ausgewählt und in einem Text von maximal 300 Wörtern Länge verpackt werden:

Meinen Beitrag gab’s passenderweise bereits heute Morgen, denn am 6. Dezember – da kommt der Nikolaus…

ABC -Etüden – Wochen 45 bis 48 – Etüde 1 – Interstellar

Aloha! Wir befinden uns im Endspurt vor dem Advent, denn dies ist die letzte reguläre Etüdenrunde (hier, bei Christiane) in diesem Jahr und die von Myriade gespendeten Wörter lauten:

Hier habe ich für einen Moment überlegt, ob ich ihr eine Triggerwarnung voranschicken soll, doch wenn ich nur wüsste, welche – nur eines vorweg: Es wird nicht lustig, wenn nicht sogar lebensgefährlich.

Hinterm Horizont geht’s weiter…

Ich weiß, jeder geht mit Nachrichten anders um, aber stundenlang in meiner Koje Udo Lindenberg zu dudeln, wäre nicht meine bevorzugte Methode. Entweder ist mein Nachbar ein unerschütterlicher Optimist, den so schnell nichts aus der Bahn wirft oder er hat sich hemmungslos zugelötet und braucht nun die Geräuschkulisse, um die Karussellfahrt nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.

Irgendwie beneide ich ihn. Ich will ja nicht kleinkariert klingen, aber dass wir uns wegen des Totalausfalls unserer Steuerung dem Schwarzen Loch nicht mehr entziehen können und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir in den Ereignishorizont eintreten, stimmt mich nicht gerade fröhlicher. Auch wenn die da oben die These vertreten, dass vielleicht alles ganz anders ist als jahrzehntelang an Universitäten gelehrt und vor allem in den Medien breitgetreten wurde.

Schön für euch, aber es seid ja auch nicht ihr, die als Versuchskaninchen zum Überprüfen eurer These herhalten müsst. Von wegen Schwarze Löcher sind nur eine andere Form von Wurmlöchern. Auch wenn wir durch eine Panne völlig überraschend in diese Lage geraten sind, werden wir euch den Beweis trotzdem schuldig bleiben. Es sei denn, wir finden uns wie bei „Interstellar“ in einem Tesserakt, irgendwo zwischen der vierten oder fünften Dimension wieder.

Ach, wenn es doch nur so wäre, denn falls das eintritt, was ich befürchte, so weiß ich, wem ich beim Leeren seiner Vorräte helfe.

(Aus dem Tagebuch des unbekannten Astronauten)

238 Wörter für eine rabenschwarze Momentaufnahme, die sich auch gut für Halloween eignen würde.  

ABC -Etüden – Wochen 40 bis 44 – Etüde 4 – never tear us apart

Die kleingeschriebene Überschrift… ein Novum. Kein Novum ist meine Teilnahme an den Etüden. Für die bis zum 4. November andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) hat Gerhard (mit seinem Blog „Kopf und Gestalt“) die folgenden Wörter beigesteuert:

Da ich ganz gerne mal Texte aus schierem Mutwillen umschreibe, habe ich für meine dritte und letzte Etüde einen meiner Lieblingssongs in einen ganz neuen Kontext gesetzt (etwas, das hier demnächst noch öfters auftauchen wird).

„Never tear us apart“, hörte ich die seit Jahren geliebte Stimme sehnsuchtsvoll ins Mikrofon hauchen.

Wie unpassend, dachte ich in diesem Augenblick über die langsame und gefühlvolle Ballade auf meiner seit Wochen in Dauerschleife laufenden CD. Sie passte nicht zu meinem rasanten Fahrstil. Jedenfalls nicht in diesem Augenblick. Ein schnellerer Beat wäre jetzt angemessen gewesen. Aber vorspringen bei 90 km/h? Welch grenzenlos blöde Idee!

Gas geben, auf die Tube drücken und den Streifen bis zum Ende ausfahren, bevor du einscherst, erklang in mir die Stimme meines Fahrlehrers.

Das schaffst du nie, höhnte die A3, als ich beschleunigte und die Kolonne sah, die sich lückenlos-stoisch am äußersten Rand vorwärts schob. Nicht so grob, ächzte die Gangschaltung, als ich aufs Gaspedal trat und in den fünften Gang hochschaltete. Oder besser gesagt: hochschalten wollte.

Dass dies wie immer funktionieren würde, hatte ich auch bloß gedacht, denn zu meinem Entsetzen tat sich nichts. Außer höchst verdächtigen Bewegungen meines Fahrzeugs. Das fühlte sich gar nicht gut an. Never tear us apart? Zu hülf!

Nun klopfte er an, der Sensenmann. Oder auch nicht.

Bleib in der Spur…. Um jeden Preis… Und wenn es das letzte ist, was ich tue… so sprach mein innerer Lehrer, der nun die Kontrolle übernahm.

Das Getriebe ächzte. Der Motor jaulte. Die Räder fanden den ersehnten Halt, als ich mit Mühe und Not die Schaltung wieder in den vierten Gang zurückhobelte. Gleich morgen, so schwor ich mir, laut und ein Stoßgebet nach dem anderen gen Himmel schickend, würde ich mir eine Werkstatt suchen, die das Problem so zeitig wie möglich behob. Schließlich stand bereits der Termin für den nächsten TÜV. Und den wollte ich nur ungern als Scheidungsrichter erleben.

Never tear us apart? Nach diesem Beinahe-Zwischenfall würde das schon hunderte Male gehörte Lied für mich auf ewig eine ganz neue Bedeutung haben.

300 Wörter aus aktuellem Anlass, für ein Erlebnis, das sich im Wesentlichen so zugetragen hat.

ABC -Etüden – Wochen 40 bis 44 – Etüde 3 – eine steile Karriere

Die Wörter für die aktuelle bis zum 4. November andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) stammen von Gerhard (und seinem Blog „Kopf und Gestalt“) und lauten:

Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich diesen Text umgeschrieben habe, doch nun steht er und bedient ein ganz anderes Genre.

So, jetzt noch vorsichtig auf die Marken hauchen und sie so auf den Umschlägen befestigen, dass…

Ein verdächtiges Knarzen vor der Zimmertür ließ mich hochschrecken und die auf dem Boden liegenden Päckchen mit dem Fuß unters Sofa bugsieren. Hoffentlich nicht allzu grob… Siedende Hitze durchströmte mich, als ich im Geiste bereits die Tür aufgehen sah – hatte ich doch alles so geplant, dass man die Spuren der von mir aufgegebenen Postsendungen unmöglich bis zu mir zurückverfolgen konnte, und nun so etwas.

Die Tat flog auf, noch bevor sie überhaupt erst begangen war, oder bevor ich die Vorbereitungen in Ruhe hatte beenden können? Hektisch riss ich mir die Gummihandschuhe herunter und stopfte sie mir unter den Pulli, dann stand auch schon sie im Zimmer.

Was für ein Alptraum!

Schließlich sollte niemand von meinem Treiben Wind bekommen, und schon gar nicht sie, die die Lehrerin auch im Privatleben nicht ablegen und das Böse in der Luft wittern konnte. Unter keinen Umständen durfte sie die Corpora Delicti sehen. Wo war mein Pokerface, wenn ich es brauchte?

Ich sah sie schon vor mir, die Schlagzeilen: Geheimnis der Drohbriefe gelüftet. Spur führt nach Südhessen. Brave Bürgerin entpuppt sich als Täterin.

„Sag mal, du hast doch nicht etwa…“ hub sie an und verstummte sogleich. Gebannt und zu keiner Regung fähig, folgte ich ihrem mich von oben nach unten taxierenden Blick, der schließlich dort haften blieb, wo nicht hätte verweilen sollen und…

Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrriiiiiiiiiiiiiiiiiiiing!!!!

Schweißgebadet und kerzengerade schoss ich in die Höhe und war im gleichen Atemzug froh, dass der Wecker meiner kurzen Karriere als briefbombenversendende Terroristin ein jähes Ende bereitet hatte.

263 Wörter für einen Alptraum ganz besonderer Güte.

ABC -Etüden – Wochen 40 bis 44 – Etüde 2 – Spiderman

Die Wörter für die aktuelle bis zum 4. November andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) stammen von Gerhard (und seinem Blog „Kopf und Gestalt“) und lauten:

Klingelingeling, hier kommt der Spinnenmann, in Form einer App, die die Welt nicht braucht:

Das musste ja kommen! Da hatte ich mich immer aufgeplustert und die allseits beliebte Panzerglasfolie als überflüssigen Schnickschnack abgetan, und nun widerfuhr meinem Mobiltelefon das gefürchtete Schicksal: der Besuch Spidermans.

Spiderman? So jedenfalls bezeichnete mein Kollege, der sich mein Mobiltelefon ansah, auf dessen Display sich ein weitverzweigtes Netz von Sprüngen ausgebreitet hatte, den angerichteten Schaden. Nachdenklich kratzte er sich am Kopf:

„Ich will ja nicht den Oberlehrer raushängen lassen, aber wenn man mit seinem Handy so grob umgeht wie du bei jeder Gelegenheit, muss man sich nicht wundern, dass es irgendwann sein Leben aushaucht. Da kann nur noch ein Handydoktor helfen…“

Herr Lehrer, ich weiß was? Nämlich einen Reparaturdienst – und der haucht dem armen, scheintoten Ding neues Leben ein? Was in der Theorie gut klang, war aber genau das, was ich mich nicht traute. Nicht umsonst hatte ich das Gerät ausgeschaltet, nachdem die Risse aufgetaucht waren und sich Kristalle an die Oberfläche gewagt hatten, um eine feine Kruste zu bilden.

Am Abend folgte dann der nächste Schock: Für mein drei Jahre altes Modell gab es keine Ersatzteile mehr, und so erübrigte sich der Gang zu einem solchen Servicebetrieb. Da half nur noch der Kauf eines neuen Telefons und das Hoffen darauf, dass das zerstörte Altgerät so lange durchhielt, bis alle Daten auf das neue übertragen waren.

216 Wörter für ein Missgeschick, das ich meiner eigenen Unachtsamkeit verdanke.

ABC -Etüden – Wochen 40 bis 44 – Etüde 1 – Der Overkill

Die Wörter für die aktuelle bis zum 4. November andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) stammen von Gerhard (und seinem Blog „Kopf und Gestalt“) und lauten:

Fasse dich kurz? Oder auch mal kürzer, so wie heute:

Wenn Stylisten zu Lehrern mutieren – o, wie mich das begeistert.

Da wollte ich mir lediglich ein paar Tipps zum Aufmöbeln meiner seit Pandemiebeginn nicht mehr getragenen Garderobe holen, weil ich nicht einsah, fragwürdigen, im Zwei-Wochen-Takt wechselnden Trends hinterherzujagen. Denn warum Geld für überflüssigen Schnickschnack in minderwertiger Qualität ausgeben, wenn der eigene Schrank gut gefüllt ist?

Aber wie das so mit dem Wollen ist: Kaum hatte ich meine bevorzugte Plattform virtuell betreten, da ging es auch schon los und mir stellten sich eine Handvoll Influencer in den Weg, die sich mit Inbrunst ihrer Lieblingsbeschäftigung widmeten: dem Verkünden dessen, was man noch guten Gewissens tragen konnte und was nicht – eine Tätigkeit, mit der sie, wohlgemerkt, Geld verdienen.

Begriffe schwirrten durch den Raum wie Motten um das Licht: Leiser Luxus anstatt lautem Geld… Oder war stilles Geld gegenüber schreiendem Luxus gemeint?

Dazu eine Musikbeschallung, die sich beim ersten Hören grob in ein vergangenes, ganz bestimmtes Jahrzehnt einordnen ließ und die man anscheinend gewählt hatte, um zu zeigen, wie nostalgisch gewisse Kombinationen ihres Erachtens wirkten. Cognac zu Beige statt Rot zu Schwarz?

Altbacken? Wer’s glaubt… Ich jedenfalls nicht! Welch Reizüberflutung. Und so konnte ich nur noch ein fassungsloses „Alexa – leiser!“ vor mich hin hauchen.

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200 Wörter für die virtuellen Oberlehrer, denen man nicht sein uneingeschränktes Gehör schenken sollte.

ABC -Etüden – Wochen 36 bis 39 – Etüde 1 – an einem ganz normalen Freitag

Für die aktuelle bis zum 30. September andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) stammen die Wörter diesmal von Christiane selbst:

Gewidmet all jenen Tagen, die es in sich haben – von denen du es aber erst weißt, wenn es eigentlich schon zu spät ist.

Es sind immer die scheinbar ganz normalen Tage, die erst spät ihr wahres Gesicht zeigen. Schon die Vollsperrung in der Stadtmitte und der daraus resultierende Stau inclusive Umleitung der gewohnten Buslinie war Vorbote für einen Freitag, der noch so manch unangenehme Überraschung bereithielt.

Obwohl der Vormittag reibungslos verlief, ahnte sie, dass das wahre Highlight noch auf sie wartete. Nur noch anderthalb Stunden, dachte sie, als sich die ersten Kollegen in den Feierabend verabschiedeten und sie mit dem Gedanken an einen Kaffee spielte. Der Koffeinschub würde Wunder wirken.

Doch sie kam nicht dazu.

Zuerst rief ihre Kollegin aus dem Home-Office an, um ihr von Schwierigkeiten mit einem bestimmten Geschäft zu berichten und ihr aufzutragen, diesen einen Faxauftrag abzupassen. Schließlich musste der Deal noch vor Geschäftsschluss final gehen. Indes, es sollte nicht sein. Eine wahre Sturzflut von Anfragen verzögerten den Ablauf und brachten sie in einen Rückstand, den sie bis Schichtende nicht mehr aufholte.

Völlig geschlaucht verließ sie das Bürogebäude um halb sieben und versuchte, nicht zu grübeln. Erfolglos. Etwas lief wohl gewaltig schief, wenn sie sich abgrundtief dafür schämte, dass es ihr nicht gelungen war, denen Dampf zu machen, die Dienst nach Vorschrift schoben, wenn sie das Fax in der Pipeline hängenließen und sich auf obskure Prozessbeschreibungen beriefen.

Aber es war nun einmal nicht zu ändern, auch wenn am Montag Ungemach drohte. Gut, dass sie den Spaß in ihrem Notizblock dokumentiert hatte, um ihn schnellstmöglich in digitale Form zu bringen. Dennoch hätte sie diese letzte Stunde durch ein positives Erlebnis ersetzt und komplett abgeschaltet, aber auch das sollte ihr nicht vergönnt bleiben.

Dass sie in die falsche Bahn gestiegen war, erkannte sie erst, als die Tram in eine andere Richtung abbog.

280 Wörter für meine erste Etüde nach der Sommerpause. Vielleicht schreibe ich noch eine.

ABC -Etüden – Sommeretüden-Special : Toms Tagebuch

Bevor es mit den regulären ABC-Etüden im September weitergeht, hat sich die liebe Christiane ein Sommerspecial für uns ausgedacht. Aus allen gespendeten Wörtern hat sie die folgenden zwölf ausgelost: 

Mindestens sieben daraus sollen wir in eine Etüde einbauen, die nicht nur aus mehr als 300 Wörtern bestehen, sondern auch eine Kommunikation zwischen mindestens zwei Arten (Mensch, Tier, Pflanze, Wesenheiten) enthalten soll. Bei mir sind es acht geworden:

Freitag.

Ich fass‘ es nicht. Tagebuch schreiben – ausgerechnet ich. Für die AG „Kreatives Schreiben“. Dabei hab ich im Moment andere Probleme als diese Projektwoche.

Hat es nicht gereicht, dass mir Lucys ach so toller Alex beim Geocaching die besten Stücke vor der Nase weggeschnappt hat? Erst die kanadische Sondermünze, dann den Hühnergott – und jetzt kommt mir auch noch Lilly blöd. Abzocken muss sie mich! Bei  „MediEvil“… und zwar in allen Leveln! Mich!? Aber die absolute Krönung: Ich hab den Controller noch in der Hand, da geht sie in die Luft, nennt mich einen schlechten Verlierer, blubbert irgendwas von „jetzt ist Sense“ und haut ab.

Wenigstens ihre Wasserflasche und ihr blöde CD hätte sie mitnehmen können. Sportfreunde Stiller und ihre Schaumkrone der Woge der Begeisterung? Oh Mann. Um das Fiasko vollzumachen, musste mein Alter ja unbedingt meine Playstation einsacken. Ohne meine Konsole? Keine Ahnung, wie ich das aushalten soll. Aber wie immer, hatte er auch schon die passende Antwort: „Wie wär’s, wenn du selber kreativ wirst anstatt nur zu konsumieren. Und damit meine ich nicht irgendwelches Gehampel vor der Handykamera für TikTok“.

Und natürlich waren rein zufällig wie durch ein Wunder alle AGs voll. Alle bis auf die eine. Glaubt denn noch irgendwer an das ominöse Malheur in der Verwaltung? Selbst dieser Vogel O’Hara, der auch ewig nicht aus dem Quark kommt und den Lillys Freundinnen anhimmeln, hat es in die Gitarren-AG geschafft.

Tag Eins.

Was für ein Wochenende. Zwei Tage Dauerregen. Bock zum Aufstehen hatte ich ja mal so gar nicht. Vielleicht weil’s heute losging: ich zwischen den ganzen Nerds, und das die ganze Woche. Aber wenigstens bin ich mit Finn und Cem in einer Gruppe. Mit denen soll ich an einer Story arbeiten und bis Freitag damit fertig werden. Aber nebenher soll noch jeder für sich die Fortschritte im Tagebuch festhalten. Das ist ja schlimmer als im Deutschkurs. Aber ich glaub, für heute wird das nix mehr.

Tag Zwei.

Das kannst du dir nicht ausdenken: Finn, der alte Besserwisser, muss zu allem seinen Senf dazugeben. Änder dies, streich mal das. Und dann muss sich Cem auch noch reinhängen und mir sein Phone rüberschieben. Hier, sagt er, versuch’s mal damit. Was auch immer ich mit dieser App soll, aber dort bloggen die da wie die Bekloppten. Aber vielleicht ist Cems Tipp gar nicht so schlecht. Andy kennt diese komische Plattform auch, doch so richtig schlau bin ich immer noch nicht. Anscheinend tummeln sich auf da jede Menge Mädchen und posten ihre Vampirstorys. Fifty Shades of Glitzer? Huch! Und natürlich haufenweise Fan-Zeugs über One Direction. Äh, nein. Dann doch lieber Lillys Sportfreunde oder Herr-der-Ringe-Fanfiction. Davon gibt’s nämlich auch ein paar ganz spannende. Nur die Werbung nach jedem dritten Kapitel nervt. Die können mich mal mit ihrem dämlichen TikTok!

Tag Drei.

Schrieb ich, Werbung nervt? Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Schließlich tauchen in dem ganzen Müll tauchen doch ab und zu mal ein paar nette Spielchen für zwischendurch auf. Ich hab jetzt einfach mal dieses Merge-and-Match runtergeladen. Gegenstände zusammenschieben und zu neuen Gegenständen zu verbinden? Ein Klacks! Auf jeden Fall ganz okay, um die Dürre zu überbrücken bis ich meine PS zurückbekomme. Und wenigstens mach ich da Fortschritte, im Gegensatz zu unserer Story. „Freaky Friday, Körpertausch mal anders“: Wer hat sich denn bitte das Thema ausgedacht? Dabei kenne ich nicht mal den Film. Dann doch lieber noch eine Runde Merge-and-Match, denn zack – kaum Kaum hast du genug Punkte zusammen, geht ein Portal auf und bringt dich in ein ganz neues Level: „Meeresrauschen“. Schöne bunte Unterwasserwelt. Die Musik ist ja so beruhigend, und die vielen Fische erst.

Aber warum wird mir plötzlich so anders? Und die Stimme im Zimmer ist mir auch keine Hilfe. Das wird mir jetzt zu bunt hier.

„Alexa, halt die Klappe!“

Tag Vier.

Manchmal muss man ein Machtwort sprechen, damit Ruhe im Karton ist. Jedenfalls war das gestern so. Hat ja nicht lange gehalten, denn kaum hab ich mich ins „Meeresrauschen“ eingeloggt, geht das Gesabbel im Zimmer auch schon wieder los.

Kärpfling, Halfterfisch, Katzenwels, Kugelfisch, nur noch wenige Schritte bleiben dir im Spiel.

Diese Stimme macht mich irre. Wir sind doch hier nicht bei Jumanji.

„Alexa, Ruhe!“

Na also, geht doch. Himmlisch, diese Stille. Ich glaub, ich leg mich jetzt aber wirklich aufs Ohr. Ist spät geworden.

Tag Fünf.

Endlich ist unserer „sagenhafte“ Projektwoche vorbei; am Ende hat sich Cems Text durchgesetzt. Aber gut, dass wir darauf keine Noten bekommen. Freaky Friday, na ja… Und jetzt mal zu etwas erfreulicherem – all die vielen wertvollen Steinchen und Münzen, die ich mir erspielt habe, das schreit nach einer Fortsetzung.

Katzenwels, Kugelfisch – nur noch zehn Schritte hast du im Spiel: Rotfeuerfisch, Mondfisch, Schwertfisch, dann bist du am Ziel. Nur noch ein paar Klicks, dann…

Das kann ja wohl nicht wahr sein. Wer hat denn dich um deine Meinung gebeten? Da hilft nur eine klare Ansage: „Alexa, halt die Klappe!!!!“

Endlich Ruhe? Wunderbar. Ab zur nächsten Runde!

Ähem… Alexa, halt die Klappe? Ich glaub, ich hab mich wohl verhört?!  Ob du es glaubst oder nicht – deine Alexa ist das nicht: Es ist der Fisch, der zu dir spricht!

Der Fisch, der zu mir spricht? Das ist ja wohl ein Scherz! Freaky Friday oder was? Irgendwer will mich doch veräppeln, entweder Lucy oder ihr Typ. Wo ist die versteckte Kamera?

Nein, es ist kein Scherz. Und ja, es ist der Fisch. Direkt vor deiner Nase, einer der restlichen zwei. Ob Delfin oder Weißer Hai – es ist völlig einerlei!

„Also erstens ist ein Delfin kein Fisch, du Klugschwätzer, und zweitens habe ich die Faxen dick! Da du dich ja für einen tollen Hecht hältst, hab ich Nachrichten für dich.“

Aha? Jetzt bin ich gespannt. Du bist ja außer Rand und Band.

„Auch wenn hier noch Kupfermünzen liegen zuhauf, ich glaube, ich sag dir, ich geb dieses Spiel wieder auf.“

Was sind denn das für Sachen? Das kannst du doch nicht ma- …..

Biiiep.

Und tschüs. So schnell fass ich kein Spiel mehr an, und diese Schreib-App lösche ich am besten gleich mit.

Verwendet habe ich – bei einer Gesamtlänge von 1000 Wörtern – die folgenden acht Wörter: Dürre, Gitarre, Hühnergott, Kugelfisch, Malheur, Schaumkrone, Sense, Wasserflasche.