Noch sind nicht alle Mauersegler fort (zwei sehr, sehr verspätete Nachzügler habe ich vor ein paar Tagen noch gesehen), dennoch steht der Herbst in den Startlöchern und scharrt mit den Hufen. Obwohl mir der Gedanke an das Anprobieren von Kleidung bei 38°C Außentemperatur Unwohlsein bereitet, kann ich die kommende Jahreszeit nur schwerlich ignorieren, was möglicherweise daran liegt, dass mir die kommenden Trends für Herbst und Winter aus Zeitschriften und Schaufenstern förmlich entgegenspringen; vielleicht treibt mir in ein bis zwei Wochen der Gedanke an kuschelige Pullover und Jacken nicht mehr die Schweißtropfen auf die Stirn. Inzwischen beschäftige ich mich gedanklich mit dem „eigensinnigen Style-Guide“ für Herbst/Winter, den ich bei mamamachtsachen.de entdeckt habe.
Dieser hat jedoch nichts mit alljährlich in gewissen Magazinen auftauchenden Trendbarometern im Stil von „was geht – was bleibt – was kommt“ zu tun, sondern beschreibt einen Denkprozess, der zu eigenen Vorstellungen von der kommenden Saison führen kann. Klingt spannend, aber wenn ich mir meine Gedanken zu diesem Thema mache, gehe ich wahrscheinlich etwas anders an diese Aufgabe heran, auch wenn ich mir weiterhin das Ziel gesetzt habe, nur Stoffe aus meinem angewachsenen Bestand zu verwenden. Denn da ist für jede Jahreszeit etwas dabei.
: Wunsch vs Wirklichkeit :
Wunsch: Wie sieht meine persönliche Vorstellung von der kalten Jahreszeit aus?
Als erstes kommen mir meine eigenen Reisen nach Schottland in den Sinn, aber auch Filme (z.B. Gosford Park oder die Miss-Marple-Filme mit Margaret Rutherford) oder Serien (Downton Abbey, Poldark, die Miss-Marple-Serie mit Joan Hickson). Hätte ich den Wunsch, ein Moodboard erstellen, so landeten dort Landschaftsaufnahmen von Mooren, über denen der Nebel wabert, von heidekrauübersäten und violettblühenden Hügeln; zu einem solchen Herbst gehören für mich aber auch ausgiebige Spaziergänge durch langsam sich bunt färbende Wälder, Tee und rauchiger, torfiger Single Malt, Haggis, Shortbread, Scones, Clotted Cream – unweigerlich lande ich bei so einer Zusammenstellung bei Speis‘ und Trank. Literarisch bin ich zur Zeit wieder bei der zwölfbändigen Familiensaga „Poldark“, die in Cornwall spielt, angekommen.
Herbst: Die dabei in meinem Kopf entstehenden Bilder vermischen sich unweigerlich mit Eindrücken aus Filmen und Fernsehserien, meinen eigenen Reiseerlebnissen und Inspirationen, die ich nach und nach aus Fotostrecken in Modemagazinen und Nähheften gewonnen habe. Daher klingt für mich die Idee, bewusst nicht Magazine zu wälzen und in Schnittmustern zu stöbern, zunächst nicht schlecht, ist aber in meinem Fall nur bedingt umsetzbar; denn gerade dieses „britische“ war vor längerer Zeit einmal Gegenstand einer Serie in der burda – und daher halte ich es für gar nicht so abwegig, wenn aus der Modestrecke „very britsh“ sich tatsächlich das ein oder andere Teil in meine geplante Garderobe verirrt. In dieser Garderobe würde dann auch eher weniger Glamour auftauchen – statt dessen setze ich lieber auf eine Mischung aus Einfachheit, Purismus und Geradlinigkeit in gedeckten oder pastelligen Farbtönen. Tweed und Wolle gehören für mich auch dazu, genau wie Budapester, viktorianisch angehauchte Stiefeletten (Gothic Style) und Mary Janes.
Winter: Mich einzumummeln, um mich gegen Feuchtigkeit und Zugluft schützen zu können, gehört für mich zum Winter; in dieser nicht immer sehr angenehmen Jahreszeit sind orientalische Gewürze, Lapsang Souchong (Rauchtee) mit Milch und (Kandis-) Zucker, weiche Fleecedecken, mein Lieblingsparfüm von Bottega Veneta für mich unentbehrliche Begleiter. Innen Wärme, außen Schnee, Bergweihnacht in Oberbayern, Tirol und im Wallis, Bratäpfel, Käsefondue mit Williams Christ, aromatischer Zigarren- und Pfeifenrauch mit Spuren von Vanille. Lange, lange Leseabende auf dem Sofa mit Blick auf das verschneite Tal im Taunus.
Wirklichkeit: Was brauche ich wirklich an neuem in meinem Kleiderschrank, und zu welchem Zweck möchte ich mit etwas neues nähen? – Bis zum Jahresende habe ich nur noch ein paar Tage Urlaub, so dass die Antwort auf die Frage, was ich in den kommenden Monaten vorhabe, eigentlich schon klar auf der Hand liegt: arbeiten. Für die Freizeit habe ich genügend kuschelige Oberteile und zum Spazierengehen taugende Hosen und Jacken, so dass ich im Prinzip weder neue Jacken noch neue Mäntel brauche; ich kann mich also voll und ganz auf Kleidung fürs klimatisierte Büro konzentrieren. Die Betonung liegt auf klimatisiert. So eine Klimaanlage relativiert m.E. nämlich jegliche Vorstellungen von Sommer und Winter: Im Sommer zieht es oft kalt und unangenehm, so dass ich selbst bei über 30°C Außentemperatur gerne zu Jäckchen, Pulli und Strumpfhosen greife; im Winter ist es mir dagegen im Büro oft zu warm, weshalb ich bei niedriger Außentemperatur lieber in kurzärmeligen oder gar ärmellosen Oberteilen (oder Kleidern) unterm Blazer arbeite. Freitags darf es gerne etwas legerer zugehen, dann gerne auch mit Twinset, Cardigan oder Pullover.
Für den kurzen Weg zur Bushaltestelle bin ich, was Jacken oder Mäntel angeht, gut ausgerüstet, und meistens habe ich noch nicht einmal einen Schirm dabei.Kommen wir zu den Anforderungen an meine Berufskleidung: „Wer in einer Bank arbeitet, hat es mit deutlich rigideren und klareren Berufskleidervorschriften zu tun, als eine, die im sozialen Bereich unterwegs ist.“ .
.. ? …
Kann ich weitgehend bestätigen, aber ich stelle immer wieder fest, dass auch andere Farben als schwarz, dunkelgrau oder marineblau akzeptiert werden, was übrigens auch für Muster gilt (dann aber bitte dezent). Statt protziger Bling-Bling-Statement-Kette schmückt den Hals z.B. ein schmales Kettchen in Gold oder Silber – oft auch Perlenketten, aber dieses Thema möchte ich nicht weiter vertiefen, weil ich ohnehin selten Schmuck trage.
Auch ich verfüge über Blazer in dunkelblau und anthrazit, nebst den dazu passenden Hosen, ich wüsste aber nicht, was gegen einen Blazer in Woll- oder Cremeweiß sprechen sollte; schließlich passen diese Töne für meinen Geschmack fast noch besser zum Winter als zum Sommer, auch wenn einige diese Farbwahl als zu sommerlich empfinden.
Bestandsaufnahme: Sehr oft getragen habe ich ein cremeweißes Strickkleid, ein weißes Kleid in A-Linie mit Dreiviertelarm, ein ärmelloses graues Etuikleid, ein braunes Etuikleid mit kurzen Ärmeln, einen ausgestellten weißen Rock aus einem neoprenartigen Stoff und einen beigen Bleistiftrock mit Hüftpasse. Nichts davon ist selbstgenäht, und manche Teile passen inzwischen nicht mehr ganz so gut wie früher. Einen selbstgenähten Ersatz dafür zu schaffen, ist die große Aufgabe, vor der ich bisher zurückgescheut bin, aber inzwischen traue ich mir nähtechnisch mehr zu als noch vor einigen Jahren. Ich könnte mir also gut vorstellen, mir aus der folgenden Aufstellung das ein oder andere Teil zu nähen:
Oberteil, Rock, Kleid, Blazer, Mantel (obwohl ich schon mehrere habe…)
Was ich als Wenig- und Langsamnäherin davon allerdings umsetzen kann, ist mir im Moment noch nicht richtig klar. Vielleicht hilft ja die Erstellung eines Moodboards.