Media Monday # 646 : Immer schön auf dem Teppich bleiben

Die Überschrift spiegelt wider, was ich denke, wenn mir jemand mit reißerischen Überschriften kommen will – zum Beispiel, wenn zum Beispiel an mehreren Stellen davon geschwafelt wird, „wie Disney ‚zerstört‘ wird“. Oder hochgeladene/veröffentlichte Bilder als Stories bezeichnet werden? Diese Sprachverzerrung, auch in dem vor jedem Film laufenden Werbebeitrag, wie man Filme nicht genießen sollte, geht mir zunehmend auf den Keks. Ohne gewisse Auswüchse gut zu finden – aber tut es denn not, in den Überschriften zu seinen Beiträgen gleich so zu übertreiben?

Übertreiben möchte ich auch nicht beim Media Monday Nr. 646 und versuche, diesmal gänzlich ohne Verweise auf eine bestimmte Gruppe auszukommen – dafür aber taucht auffallend häufig ein bestimmter Filmtitel in meinen heutigen Lückentexten auf:

Media Monday # 646

1. Wenn es nicht längst Usus wäre, Filme nur für eine kurze Zeit in die Kinos zu bringen, bevor man sie auf eine Streamingplattform hievt, müsste man diese Werbestrategie, die ich „künstliche Verknappung“ nenne, erst noch erfinden. Das war schon bei „Im Westen nichts neues“ so, geht nun weiter bei „Killers of the Flower Moon“ weiter und setzt sich 2024 mit der Spionagekomödie „Argylle“ fort. Ersterer verschwand nach nur wenigen auf Netflix,  der aktuelle Kassenschlager von Scorsese landet demnächst bei Apple TV +, und der zuletzt genannte? Dreimal dürft ihr raten… Die Antwort steht am Ende meines heutigen Beitrags unter *)  –  Cool finde ich das zwar nicht, aber da ich die Trailer ansprechend fand, hatten sie mich (leider) genau damit auch ins Kino bekommen.

2. Auch trotz der ein oder anderen für meinen Geschmack arg kitschigen Szene, ist  die Verfilmung des Romans „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ ist schon dahingehend großartig, dass die Autorin des Romans auch das Drehbuch geschrieben und den Film mitproduziert hat, aber die große Stärke liegt in ihrer Reduktion auf das Wesentliche und den Hauptdarstellern Jim Broadbent und Penelope Wilton.

3. Es imponiert mir ja durchaus, wie Leute aus meinem Freundeskreis einen dreieinhalbstündigen Film wie „Killers of the Flower Moon“ ansehen zu können, ohne zwischendurch auf die Toilette zu gehen. Ich bekomme das leider nicht hin und muss dann immer eine Szene abwarten, in der nicht viel passiert. Leider ist diese Taktik auch nicht immer von Erfolg gekrönt.

4. Ich würde ja nicht behaupten, dass ich an Escape-Room-Spielen inzwischen immer weniger Gefallen finde, aber seit ich am Samstag ein Spiel namens „MicoMacro – Crime City“ kennengelernt habe, weiß ich, was wir bei der nächsten Gelegenheit zu einem Spielenachmittag in Angriff nehmen: Breite den Stadtplan, der einem Wimmelbild gleicht, auf dem Tisch aus und versuche, den nächsten Fall zu lösen.

Was geht vor in dieser Stadt? – Finde den Mann mit dem Zylinder! – https://www.krimimaster.de/wp-content/uploads/2020/11/MICRO-1536×916.jpg

5. Mir fehlt in der heutigen Filmlandschaft schon ein wenig das Erzählen von anrührenden und/oder originellen Geschichten, aber wenn ich mir so die zuletzt gesehenen Werbetrailer für kommende Filme so ansehe, dann besteht doch noch Hoffnung.

6. Nach dem Ende der Streiks in Hollywood wird „Dune: Teil 2“ leider erst im März ’24 in die Kinos kommen – da empfinde ich es schon ein wenig als seltsam, dass der Trailer im Werbeprogramm vor „Killers of the Flower Moon“ behauptet, es sei demnächst bzw. im November bereits soweit. Um alle Unklarheiten auszuschließen, kann man natürlich auch das in den U- und S-Bahnstationen ausgehängte Kinoprogramm der kommenden Woche studieren und so zur Lösung finden.

7. Zuletzt habe ich mir endlich die zum Abschluss des 29. Levels notwendigen fünf Sterne bei Merge Mansion erspielt und das war ein echtes Geduldsspiel, weil der Computer ständig Nein gesagt hat und permanent Rosen statt Sternen ausgespuckt hat.

Little Britain – https://youtu.be/tVLEPbgJL5c

*) Apple TV + ist der gesuchte Kandidat

Cinema-Scope 2023 : 01 – Januar

Neues Jahr, neues Konzept. Nachdem ich im letzten Jahr im Kino nicht nur Filme, sondern auch Live-Übertragungen von Konzerten gesehen habe, werde ich in meinen Monatsrückblicken nun neben Kinofilmen auch echte Konzerte und Theaterstücke aufzählen. Los ging’s diesen Monat mit Filmen, deren Vorgänger schon einige Jahre auf dem Buckel haben.

Avatar: The way of water (2.1.2023): Zehn Jahre nach der Ankunft auf dem Planeten Pandora ist dieser Nachfolger zu „Avatar: Aufbruch nach Pandora“ angesiedelt, und mehr als so viele Jahre hat es auch gedauert, dieses 193 Minuten lange Epos von James Cameron in die Lichtspielhäuser zu bringen. Von der Handlung „gut gegen böse“ mal abgesehen, von der man halten mag, was man will, war ich von der Bildfülle geradezu überwältigt, und diesmal habe ich das Experiment gewagt und mich auf die 3D-Version mit erhöhter Bildrate eingelassen. Mehr möchte ich darüber nicht schreiben, als dass den Test sowohl meine Augen als auch meine Blase bestanden haben, weil ich während der dreieinviertel Stunden Lauflänge nicht einmal meinen Platz verlassen habe, um eine gewisse Örtlichkeit aufzusuchen.

Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch (7.1.2023 und 10.1.2023): In meiner ABC-Etüde vom 15.1.23 habe ich eine kurze Zusammenfassung geschrieben. In dem Nachfolger zu „Der gestiefelte Kater“ von 2011 muss der titelgebende Held die schockierende Erfahrung machen, dass er von seinen neun Leben bereits acht verschwendet hat und ihm nur noch dieses eine geblieben ist. Als er von dem legendären Wunschstern hört, der tief im dunklen Wald verborgen sein soll, steht sein Entschluss fest, sich durch ihn seine verlorenen Leben wiederzuholen. Doch um den Weg dorthin zu finden, braucht es eine Karte. Und die hat es in sich (je nach Besitzer ändert sie nicht nur die Namen der Landschaften, durch die man hindurch muss, sondern auch die betreffende Landschaft gleich mit) – zumal auch noch ein Haufen anderer zu dem Stern gelangen wollen… Nicht nur in 2D, sondern auch in 3D konnte sich dieses animierte Abenteuer aus dem Shrek-Universum sehen lassen, sondern ich war auch verblüfft, dass hier unterschiedliche Trick- bzw. „Zeichen“-Techniken zum Einsatz kamen, von denen einige in 3D nicht gerade spektakulär wirken. Dennoch war ich von dem Film schwer begeistert, und ich wage sogar zu sagen, dass er für mich im Vergleich zu Avatar besser abschneidet. Schon allein, was die darin steckende Botschaft betrifft. Oder um es mit einer Textzeile von AmyMacDonald zu sagen: The treasure that you’re looking for is right under your nose.

Oskars Kleid (8.1.2023):  Wenn ein Vater sich plötzlich in Vollzeit um seine beiden Kinder kümmern muss, weil die Mutter im Krankenhaus liegt und eines Tages von seinem Sohn erfährt, dass dieser eigentlich ein Mädchen ist und nicht mehr Oskar heißt, sondern Lily. Plötzlich ist die Verwirrung groß – und sie wird noch größer, als sich Lili erneut „umorientiert“ und es in der neuen Schule Stress gibt, weil er/sie dort als Mädchen angemeldet wurde – um dem Mobbing vorzubeugen.

Tod auf dem Nil (16.1.2023): Achtung – bei dieser Version handelt es sich nicht um eine weitere überflüssige Neuverfilmung, sondern um eine Adaption für die Bühne, bei der ich auf meinem Platz in der Mitte der fünften Reihe meinen Spaß hatte. Den Ausschlag dafür, 28 Euro in diesen Abend zu investieren, war jedoch nicht Gil Ofarim in der Rolle des Simon, sondern weil ich wissen wollte, wie man dem im Film doch recht ansehnlichen Schauplatz auf einer kleinen Bühne umsetzen wollte und ob das überhaupt funktionierte. Antwort: Es funktionierte tadellos. Teile des Schiffs, die im Film nicht zu sehen waren, während man woanders zugange war, lagen im Dunkel, während der aktuelle Ort des Geschehens durch geschickte Beleuchtung die volle Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zog. Außerdem verzichtete man auf eine Reihe von Rollen und auf einen den Hergang der Morde beschreibenden Poirot. Denn der war a) offiziell nie auf dem Schiff und b) litt an einer Halsentzündung, die ihm das Sprechen verbot, so dass die Aufklärungsarbeit ein Pfarrer leistete, dem Poirot öfters mal die Zettelchen zuschob. Und noch ein Pluspunkt: Ein theatralisches Ende wie in der Verfilmung aus dem letzten Jahr blieb uns zum Glück erspart, in dieser Adaption musste das mordende Pärchen auf das Eintreffen der Polizei warten.

Babylon – Rausch der Ekstase (20.1.2023): Von Regisseur Damien Chazelle wusste ich bisher nur, dass er bei La La Land Regie geführt und zu 10 Cloverfield Lane das Drehbuch verfasst hat. Da ich letztes Jahr mindestens drei sich leicht voneinander unterscheidende Trailer für dieses 190 Minuten lange Werk mit Margot Robbie und Brad Pitt in den Hauptrollen gesehen habe, wollte ich dieses Epos unbedingt sehen. Hollywood während des Übergangs vom Stummfilm zum Tonfilm, ausschweifende Orgien und Besessene in vielerlei Gestalt, wie z.B. Tobey Maguire als irrer Gangsterboss, der in einer Höhle ein fragwürdiges Spektakel nach dem anderen zur eigenen Erbauung veranstalten lässt… hier hat der Trailer zur Abwechslung mal nicht die besten Szenen schon vorweg genommen. Dass der sich nach und nach durchsetzende Tonfilm das Aus für so manche Schauspielkarriere bedeutet hat, nämlich für die, die sich durch eine unangenehme Stimme oder extremen Akzent auszeichneten, hatte ich noch gut in Erinnerung. Dass von diesem Schicksal auch bestimmte Jobs betroffen waren, wie zum Beispiel die des Schildermalers für die in Stummfilmen gebräuchlichen Zwischentitel, war mir vorher weniger bewusst. Trotz der ein oder anderen Länge, die ich während der langen Laufzeit bereits erwartet habe, hat mir „Babylon“ sehr gut gefallen und ich habe mich ausgezeichnet unterhalten gefühlt, was zu einem großen Teil an der mitreißenden Musik lag. Nicht so toll nach all dem arbeitsbedingten Stress fand ich, dass es in dem für mich am nächsten gelegenen Kino nur am Freitagabend um 20:15 Uhr eine Vorstellung gab, weil sich ein anderes Kino in der Nachbarstadt „Babylon“ unter den Nagel gerissen hatte. 

Billie Eilish live aus der O2-Arena in London (27.1.2023): Das erste Konzert für mich in diesem Jahr. Live dabei aber nicht mittendrin, denn ich saß in der letzten Reihe mit freiem Blick auf die Leinwand, auf der kurz nach halb acht die Post abging. Denn anscheinend hatte ein Großteil des überwiegend sehr jugendlichen Publikums beschlossen, die Künstlerin wörtlich zu nehmen, als diese verkündete, sie wolle jetzt alle auf und ab hüpfen sehen. Yo! Da gab’s auch im Kinosaal kein Halten mehr, und ein Schwarm kreischender Mädchen stürmte den Platz vor der ersten Reihe, unterhalb der Leinwand. So ein aktives Publikum kannte ich bisher auch nur vom Hörensagen über Vorstellungen, in denen die Rocky Horror Picture Show lief. Hier ging der Horror aber nicht von dem Konzert oder der Künstlerin aus, sondern von den Handys/Smartphones mit eingeschalteten Taschenlampen, die dem Rest des sitzengebliebenen Publikums grell entgegen leuchteten – das war fast noch „cleverer“ als die auf die Leinwand gerichteten Displays, dank denen wir auch noch in den „Genuß“ der Silhouetten der wild Umherhopsenden kamen. Soviel zum negativen Punkt – positiv war die Stimmung, die von der Künstlerin selbst ausging. Gerade mal ein einziges Lied kannte ich von Billie Eilish – den Rest lernte ich an diesem Abend kennen. Von wegen depri: So viel gute Laune hatte ich nicht erwartet, von daher war der Name Programm „Happier than ever“.

Im Konzert ging’s fröhlicher und ausgelasssener zu — https://youtu.be/5GJWxDKyk3A

Cinema-Scope 2022 : Dezember – im Schweinsgalopp durch alle Genres

Na sowas… Da bin ich noch mit dem Niederschreiben meiner Monatsrückschau für den letzten Monat des vergangenen Jahres beschäftigt, da überhole ich mich selbst mit dem ersten Beitrag des Jahres für Die Besten am Donnerstag.

Die Überschrift lässt darauf schließen, dass ich mal wieder einen Kessel Buntes mit Ausflügen in verschiedene Genres zusammengerührt habe – allerdings sind es dann doch nicht ganz so viele Filme geworden, wie ich mir vorgenommen habe. Dennoch: Wo andere schon in Weihnachtsstimmung waren, widmete ich mich lieber dem ein oder anderen Horrorfilm. Und statt „Das Leben des Brian“, „Kevin allein zuhaus“, „Stirb langsam“ oder „Lethal Weapon“ an den Feiertagen, habe ich mir am 23. Dezember lieber „Rambo“ angesehen, den ich noch nicht kannte. Und hier alles weitere aus diesem Monat:

Smile – Siehst du es auch? : Es lächelt dich die ganze Zeit an, aber es ist kein freundliches Lächeln, sondern das schlimmste Lächeln, das du je gesehen hast. Wem schon bei der Grinsekatze aus „Alice im Wunderland“ unwohl war, dürfte hier so richtig Beklemmungen bekommen. In Kombination mit Jump Scares hatte ich hier nach längerem mal wieder einen Horrorfilm, bei dem ich mich aufs Angenehmste gegruselt habe. Dem wie mit dem Holzhammer direkt nach der letzten, verstörenden Szene reinknallenden Song zur Einleitung des Abspanns haben dann nicht nur ich, sondern auch die übrigen Zuschauer ihren hysterischen Lachanfall zu verdanken – denn diese Kombination wirkte auf mich so grotesk, dass sich die Anspannung dadurch blitzartig auflöste und ich danach gut schlafen konnte.

Lollipop! – https://youtu.be/3rYoRaxgOE0

The Menu : Hungrig sollte man nicht sein, wenn man sich diesen Film ansehen möchte. Anderseits sollte man auch einen stabilen Magen mitbringen. Letzteres habe ich, ersteres war ich leider aber auch – so dass dass mich gegen Ende immer mehr das Verlangen nach einem Cheeseburger überkam. Kein Wunder, wenn sich der gesamte Film um ein opulentes mehrgängiges Menü dreht, bei dem die Gäste selbst Bestandteil sind. Und zwar des Menüs und nicht nur der Inszenierung, denn der Sternekoch hat mit allen, die er persönlich zu sich auf die Insel eingeladen hat, noch eine Rechnung offen, die sich größtenteils aus seinem angekratzten Ego speist. Die meisten Gäste ergeben sich dann in ihr Schicksal – bis auf eine. Aber die war ja auch nicht eingeladen, sondern ist für eine andere eingesprungen. Und ausgerechnet sie hätte dann lieber einen mit Liebe zubereiteten Cheeseburger. Dreimal dürft ihr raten, wohin es mich nach dem explosiven Ende des Films gezogen hat.

She said : Mit Recherchen zum Thema sexueller Missbrauch bei einem Fernsehsender fing es an, als dann aber zwei New Yorker Journalistinnen das gesamte System zu hinterfragen beginnen, kommen sie bald schon einem der größten Mißbrauchsskandale der letzten Jahre auf die Spur: die Weinstein-Affäre, in der die Filmproduktionsfirma Miramax und ihr Oberboss Harvey Weinstein eine unrühmliche Rolle spielten. Doch wen sie auch fragen, kommen sie nicht weiter, ausgelöst durch die sogenannten Non-Disclosure-Agreements, mit der sich Miramax das Schweigen der Opfer erkauft hat, und das über Jahre hinweg. Erst als einer der für die Finanzierung des Totschweigens Verantwortlichen zum Reden bereit sind, kommt der Stein ins Rollen.

Mona Lisas Lächeln : Julia Roberts als Dozentin an einer Eliteuniversität zu Beginn der 1950er Jahre, die bald schon feststellen muss, dass an der Uni nicht nur ein stockkonservatives Weltbild vorherrscht und selbständiges Denken argwöhnisch als Subversivität beäugt wird, sondern ihre Studentinnen lieber darauf hinarbeiten, perfekte Gattinnen künftiger Führungskräfte zu werden als selbst in eine solche Position zu gelangen.

The Party : Britisches Drama in Schwarz-Weiß mit Kristin Scott-Thomas, Bruno Ganz, Timothy Spall und Patricia Clarkson, in dem eine Dinner Party anlässlich eines Wahlsiegs aus dem Ruder läuft, nachdem der Ehemann der frischgebackenen Gesundheitsministerin der illustren Runde ein erschütterndes Geständnis macht. Eine eingeschmuggelte Pistole, die zum unpassendsten Zeitpunkt auftaucht, sorgt für einen ungeahnten Knalleffekt und ein Ende, das keiner hatte kommen sehen.

Silvesterkonzert live aus Berlin mit den Berliner Philharmonikern : Das war ja mal was ganz anderes: Preisgünstige Karten für 20,– Euro, in Kombination mit extrabreiten Relaxsesseln – und dazu ein italienisch inspiriertes Repertoire aus Melodien von Verdi (Die Macht des Schicksals), Sergej Prokofjew (Romeo & Julia), Peter Tschaikowsky (Capriccio italien op. 45) und Nino Rota (The Godfather). Dirigent Kirill Petrenko und Tenor Jonas Kaufmann waren die berühmten Namen, die im Programm genannt wurden – ein Quiz und diverse Interviews mit Startenor, Erstem Violinisten und Erstem Oboisten rundeten das kulturelle Highlight ab.

Das war es – mein Kinojahr 2022. Verpasst habe ich leider so einige Filme, darunter „Amsterdam“, „Call Jane“ und „Meinen Hass bekommt ihr nicht“. „Avatar: The way of water“, „Der gestiefelte Kater“ und „Oskars Kleid“ stehen als nächstes auf der Liste. Und so richtig freuen kann ich mich jetzt schon auf „Babylon“, „Perfect Addiction“ und „Dune“, die später anlaufen. Vermutlich werden meine monatlichen Rückschauen ein wenig anders ablaufen als bisher. In diesem Sinne: Lasst euch überraschen.

Die Besten am Donnerstag – Top 5 beste Filme, die ich 2022 gesehen habeDie Besten am Donnerstag –

Da ich im vergangenen Jahr sehr viele Filme gesehen habe, kann ich zur aktuellen und ersten Ausgabe der Besten am Donnerstag im neuen Jahr nur fünf Filme nennen, die mir von der langen Liste derer, die ich im Kino gesehen habe, am besten gefallen haben – die Aufstellung ist wie immer ohne Wertung.

05.01.2023 – Top 5 beste Filme, die ich 2022 gesehen habe

The Outfit – Verbrechen nach Maß : spannendes Kammerspiel, in dessen Zentrum ein Herrenschneider der alten Schule (gespielt von Mark Rylance) steht und ins Fadenkreuz der Mafia gerät.

The Northman : Bildgewaltiges Epos von Robert Eggers, das auf einer altdänischen Sage, der Vorlage zu Hamlet beruht.

Moonage Daydream : Das etwas andere Biopic, aus dem reichhaltigen Fundus von David Bowie, in dem der 2016 verstorbene Künstler selbst häufig zu Wort kommt.

The French Dispatch : Mir wärmstens empfohlender Episodenfilm um ein Journal, das in einem fiktiven französischen Ort seinen Sitz hat.

Bullet Train : rasante Actionkomödie um einen Trupp Auftragskiller, die in einem japanischen Hochgeschwindigkeitszug unterwegs sind. Hier war stetiges Aufpasssen angesagt, denn selbst das winzigste, scheinbar unwichtige Detail hat hier eine Bedeutung für den Fortgang der Story.

Vermutlich haben sich einige gefragt, warum Filme wie Im Westen nichts Neues, She said oder Belfast nicht in dieser Liste auftauchen – zweifellos sind das großartige Filme, aber nachhaltig beeindruckt haben mich die oben genannten fünf stärker.

Cinema-Scope 2022 : November – Der ganz große Auftritt / Die lieben Verwandten

Nachdem ich mich aus dem Horrorctober ausgeklinkt und auch keine Lust verspürt hatte, mein cineastisches Programm auf den Noirvember auszurichten, gibt es auch diesmal wieder einen Kessel Buntes, zusammengesetzt aus verschiedenen Genres.

In einem Land, das es nicht mehr gibt

Dieses zum Teil auf wahren Begebenheiten basierende Drama nimmt im Sommer des Jahres 1989 seinen Lauf: Bei einer Durchsuchung durch Volkspolizisten wird der Ost-Berliner Schülerin Suzie Schulz ein Exemplar des verbotenen Orwell-Romans „1984“ zum Verhängnis. Mit dem Abi und dem geplanten Studium ist es damit Essig, statt dessen muss die junge Frau im Kabelwerk Oberspree Löcher in Bleche stanzen. Nachdem sie eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit von dem Fotografen „Coyote“ abgelichtet wird und ihre Bilder in der Zeitschrift Sybille erscheinen, dreht ihre jüngere Schwester völlig am Rad und sorgt mit einem Leserbrief an die Zeitschrift dafür, dass Suzie einen Termin für ein Vorstellungsgespräch erhält. Neues Lebensziel: Mannequin werden – doch der vermeintliche Ruhm und das glanzvolle Leben in einer Szene, von der Suzie bisher keine Ahnung hatte, haben auch ihre Schattenseiten.

Trotz des ein wenig schwammigen Endes, bei dem ich nicht mehr mitkam, wer hier nun eigentlich genau wen verraten hat, hat mir das 100 Minuten lange Drama der Regisseurin Aelrun Goette, die auch das autobiografische Drehbuch verfasst hat, sehr gut gefallen. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir dabei die gruftig-schaurig-schöne Alternativmodenschau mit BDSM-Anleihen zu den Klängen der Sisters of Mercy.

Liberace – zu viel des Guten ist wundervoll

Glanzvolle Auftritte waren sein Markenzeichen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und natürlich auch der Kerzenleuchter auf dem Flügel, der der Filmbiografie mit dem ellenlangen Titel im Original zu ihrem Titel (Behind the Candelabra) verhalf: Władziu Valentino Liberace (16.5.1919 – 4.2.1987), der stets in pompösen Kostümen an einem strassbesetzten Flügel sein Publikum erfreute und sich öffentlich und in Gerichtsprozessen dagegen wehrte, als homosexuell bezeichnet zu werden, wird hier von Michael Douglas dargestellt. Seinen langjährigen Lebensgefährten Scott Thorson, den der exaltierte Pianist zeitweilig sogar adoptieren möchte, spielt Matt Damon. Weitere Mitwirkende in diesem Biopic sind Dan Aykroyd als Seymour Heller und Rob Lowe als Schönheitschirurg, der (als anscheinend sein eigener und bester Kunde ist) das äußere Erscheinungsbild von Scott nach den Wünschen Liberaces umgestalten soll und Pillen verteilt, als wären es harmlose Drops.

Schon wieder ein Biopic? Im Prinzip ja, aber dieses folgt zur Abwechslung mal nicht dem üblichen Schema von Rückblenden, wenn die porträtierte Person quasi schwupps über Nacht auf den Höhepunkt ihres Schaffens katapultiert wurde (in einem Beitrag auf youtube wurde diese Problematik thematisiert, aber ich finde ihn nicht mehr). Umso faszinierender fand ich das, was dabei herauskam.

Metallica: Through the Never

Noch ein Biopic? Oder gar Konzertfilm? Keines von beiden, sondern ein Flop an den Kinokassen; was mich gar nicht wundert bei diesem kruden Mix aus in verschiedenen kanadischen Städten gedrehtem Konzertfilm und dialogfreier Nebenhandlung, bei der ein Roadie während des Metallica-Konzerts den Auftrag bekommt, eine Tasche mit nicht bezeichnetem Inhalt aus einem LKW zu holen und auf seinem Weg in Straßenschlachten zwischen Polizei und einem randalierenden Mob gerät. Dabei ist das Ganze gar nicht mal so unintelligent geschnitten, doch leider konnte mich das Werk nicht wirklich überzeugen, zumal es mir bei einigen Szenen, in denen ein maskierter Reiter jeden lyncht, der seinen Weg kreuzt, übelst den Magen umgedreht hat.

Spirit Trap

Stell dir vor, du suchst als Student ein WG-Zimmer und bekommst ein Angebot ganz in der Nähe der Uni. Die Sache hat jedoch einen Haken: Wohnen sollen die Interessenten in einer viktorianischen Bruchbude, die einem schon beim Betreten Schauer über den Rücken jagt. Ein Gefühl, das sich noch steigert, als eine der Ankömmlinge Visionen hat und alle anderen über die wahre Natur der Standuhr im Foyer aufklärt. Fortan geschehen immer mysteriösere Dinge in dem einstigen Prachtbau, bis sie irgendwann gegen Ende erkennen, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes in der Falle sitzen und ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt, ihr zu entkommen.

Der Nachname

Familienzusammenkunft im Inneren der schönen Kanareninsel Lanzarote, inspiriert von dem Film „Der Vorname“: Mutter Dorothea (Iris Berben) und ihr Lebensgefährte René (Justus von Dohnányi), der gleichzeitig auch ihr Adoptivsohn ist, haben etwas zu verkünden. Es dauert eine Weile, bis Sohn Stephan (Christoph Maria Herbst) darauf kommt, dass es sich bei der geheimnisvollen Botschaft um die gerade erst vollzogene Eheschließung handelt. Doch der frohen Kunde nicht genug: Nachwuchs ist geplant, und zwar mit Hilfe einer Leihmutter. Und schon sehen einige angesichts des „Schmarotzers“ von Stiefpapa ihr zukünftiges Erbe in Gefahr… was für ein Chaos, bei dem das Publikum im Gegensatz zu den Kritikern schwer begeistert war und bei dem sämtliche Leichen, die alle einträchtig Versammelten im Keller haben, nach und nach ans Licht kommen. Witzigerweise wurden im Vorspann der neuen Komödie von Sönke Wortmann sämtliche Vornamen aller Darsteller und Crewmitglieder konsequent weggelassen.

Winter’s Bone

Und noch ein Familiendrama. Diesmal aber eins, das den Namen wirklich verdient, denn wer so eine Familie hat, braucht keine Feinde mehr. Alle haben Dreck am Stecken, von Zusammenhalt keine Spur. Als der Vater der siebzehnjährigen Ree (Jennifer Lawrence) vor seinem Prozess untertaucht, sind Haus und Grundstück, das als Sicherheit für die Kaution verpfändet wurde, fällig. Eine Woche bleiben Ree, den Verschwundenen zu finden, andernfalls stehen ihre beiden Geschwister und die depressive Mutter, um die sich das Mädchen seit Jahren kümmert, mit ihr auf der Straße.

Doch wo anfangen, wenn der Verdacht von Anfang an im Raum schwebt, dass der Gesuchte schon längst nicht mehr lebt? Dementsprechend steinig ist der Weg, der vor Ree liegt, zumal der Rest der Sippschaft unbedingt verhindern will, dass Ree mit ihrer Suche zu viel Staub aufwirbelt.

Der Baum

Aller guten Dinge sind drei: In diesem Fall das Bild der „lieben“ Familie. Irgendwo im australischen Outback erleidet Familienvater Peter einen Herzinfarkt und stirbt am Fuße des Feigenbaums, direkt neben seinem Haus. Fest davon überzeugt, dass der Geist des Verstorbenen in den Baum eingezogen ist und dort weiterlebt, lassen die O’Neils den Baum weiterwuchern. Besonders angetan von dieser Vorstellung ist die achtjährige Simone, die ohnmächtig vor Wut mit ansehen muss, wie ihre Mutter bald schon wieder einen neuen Mann kennenlernt. Doch so richtig rastet sie aus, als „der Neue“ dem Spuk ein Ende bereiten und den Baum fällen möchte.  Von da an ist die Stimmung erst recht im Eimer, doch dann naht ein Zyklon, der buchstäblich ihr gemeinsames Nebeneinanderher-Leben auf den Kopf stellen wird.

Einfach mal was schönes

Blöd, wenn die biologische Uhr tickt und man sich ein Kind wünscht, doch geeignete Partner für die Familienplanung Fehlanzeige sind. Also beschließt, die 39jährige Radiomoderatorin Karla (Karoline Herfurth), ihre geplante Schwangerschaft selbst in Angriff zu nehmen. Ihre beste Freundin Senay ist darüber natürlich schwer begeistert, redet ihr aber dann ständig rein, als Karla auf der Hochzeit ihres Vaters den 28jährigen Ole kennenlernt, der Senays Meinung nach nur eine unnötige Ablenkung von dem Ziel darstellt. Dass sich die wankelmütige Karla so gar nicht entschließen kann, dem sympathischen Krankenpfleger den Laufpass zu geben, passt Senay so gar nicht in den Kram. Doch sie haben nicht mit dem Schicksal in Person der alkoholkranken Mutter Karlas (Ulrike Kriener) gerechnet, die mit 2.0 Promille im Blut vom Balkon stürzt und das Drama in eine neue Richtung stößt.

Ich weiß gar nicht mehr, was mich mehr aufgeregt hat: Die Tatsache, dass der Trailer zwar eine Komödie versprach, mich aber am Ende ein fast zwei Stunden dauerndes Drama erwartete… oder die nervige Freundin und noch nervigere Schwester Johanna, die ständig am Heulen war. Achtung, Spoiler (auch wenn ich nicht glaube, dass sich dieses Drama von Karoline Herfurth überhaupt jemand außer mir ansehen wird)!

Zwar hat der Film dann doch noch mit einer völlig aus dem Ruder laufenden Kitschhochzeit am Ende die Kurve gekriegt, dennoch hätte es ein Abend auf DVD oder Filmstreaming-Dienst auch getan. Obwohl so eine durch die Luft segelnde Hochzeitstorte und eine zerberstende Champagnerpyramide in Großaufnahme durchaus ihre Reize hat.

Mrs Harris und das Kleid von Dior

Den ganz großen Auftritt hat ein Kleid von Dior, das Putzfrau Ada Harris bei einer ihrer Arbeitgeberinnen im Schrank entdeckt; fortan lässt dieser stoffgewordene Traum Ada keine Ruhe mehr, da sie sich in den Kopf gesetzt hat, so lange zu sparen, bis sie die erforderlichen 500 Pfund – was im London von 1957 eine Menge Geld ist – zusammen hat und in den Billigflieger nach Paris steigen kann. Dior – der Inbegriff von Eleganz und feiner Lebensart! Aber da es in der Haute Couture dann doch anders läuft als bei einem Gang in ein Londoner Warenhaus, muss sie so lange in Paris verweilen, bis man ihr das edle Stück auf den Leib geschneidert hat, und schon ist sie mitten drin in dem turbulenten Zwangsurlaub, der so manche Überraschung für die patente Engländerin bereit hält.

Als ich las, es gäbe eine Neuauflage der Verfilmung des Romans von Paul Gallico, war ich gespannt, was mich erwarten würde, kannte ich bisher doch nur den Fernsehfilm „Ein Kleid von Dior“ mit Inge Meysel in der Hauptrolle der Mrs. Harris. Doch wo in der deutschen Fernsehfassung die edle Robe und mit ihr der Traum von Mrs. Harris jäh endet, hat man der britischen Neuverfilmung mit Jason Isaacs in einer Nebenrolle und Isabelle Huppert als unterkühlte Directrice ein Happy End verpasst.

Optisch ein Genuss, konnte ich diesen Monat mit einem Wohlfühlfilm aus Großbritannien beschließen – was aber auch bedeutet, dass ein anderer Film, den ich noch im November sehen wollte, erst im Dezember an die Reihe kommen würde.

Das war’s für diesen Monat – in dem sich so einige der von mir gesehenen Filme um die „liebe Familie“ drehen.

Cinema-Scope 2022 : Oktober – das Kontrastprogramm

Der Horrorctober nahm seinen Lauf, und ich war dieses Jahr nicht dabei. Was ich mir  stattdessen angeschaut habe, gibt es hier nachzulesen. Wie jemand einst sagte – aus jedem Dorf ein Köter, und (wer hätte es gedacht) ein Horrorfilm hat sich doch noch hinein gemogelt.

Tage am Strand: Was wie ein Kitschroman allererster Güte klingt, entpuppt sich als Verfilmung eines Romans von Doris Lessing: Naomi Watts und Robin Wright als Freundinnen, die jeweils mit dem Sohn der anderen eine leidenschaftliche Liebesbeziehung eingehen und sich schon bald mit ungeahnten Problemen herumschlagen müssen, weil sich alle Beteiligten in unterschiedliche Richtungen entwickeln. 

Tausend Zeilen: Ein Schauspieler, den ich bisher wenig auf dem Radar hatte (jedenfalls was Filme wie „Türkisch für Anfänger“ oder „Fack ju Göhte“ angeht), ist Elyas M’Barek. Nachdem ich ihn in „Der Fall Collini“ gesehen habe, war ich jetzt neugierig auf seine Darstellung des Reporters, der die Fake-News-Affäre um den Starreporter Claas Relotius enthüllte. Weil Michael „Bully“ Herbig bei diesem Film Regie führte, hatte ich ein ähnlich gestricktes Drama wie „Ballon“ erwartet. Bekommen habe ich eine Satire, bei der alle Namen durch andere ersetzt wurden und die Beteiligten die vierte Wand durchbrechen, um direkt die Zuschauer anzusprechen. Im Gegensatz zu den meisten Kritikern war ich von dem Film mehr als angetan.

Im Westen nichts Neues: Frage: Wie oft ist der gleichnamige Roman von Erich Maria Remarque bereits verfilmt worden? Antwort 1930 (USA), 1979 (USA & Großbritannien) und jetzt als deutsch-amerikanisch-britische Netflixproduktion, die bereits als Auslandsbeitrag für die Oscars von 2023 vorgeschlagen wurde. Daher kam er nun vor seinem Erscheinen bei Netflix exklusiv für kurze Zeit in die Kinos. Und was wurde vorab für ein Wind darum gemacht! Alpträume sollte man davon bekommen, der Film sei nichts für schwache Nerven. Ja mei… Dass dies keine locker-flockige Sonntagnachmittagsunterhaltung für die ganze Familie ist, sondern ein Kriegsfilm, der die ganze Sinnlosigkeit des auf der Stelle tretenden 1. Weltkriegs in aller Deutlichkeit darstellt, kann man sich ja schon denken, wenn man das Filmplakat sieht. Was ich persönlich am unerträglichsten fand, war der General, der mit der Frage „Wollt ihr als Helden oder als Feiglinge empfangen werden?“ die desillusionierten und nur noch nach Hause zurückwollenden Soldaten ein letztes Mal für den „den alles entscheidenden Angriff, der das Schicksal um 180 Grad wenden soll“ aufs Schlachtfeld hetzt – zu einem Zeitpunkt, als die Kapitulation schon längst unterschrieben war: eine Viertelstunde vor dem offiziellen Kriegsende.

Nichts zu verschenken: Wenn man lieber zu Hause bleiben möchte, aber im Fernsehen nichts läuft, das einen interessiert – dann ist vielleicht Streamen die Lösung? In meinem Fall bin ich auf „Filmfriend“ über eine französische Komödie gestolpert, in der ein das größte Sparbrötchen unter der Sonne eines Tages Besuch von einer jungen Frau bekommt. Palim, palim, Herr Violinist, ich bin Ihre Tochter und verdanke meine Existenz einem seit über zwanzig Jahren abgelaufenen Kondom, das bei Ihrem One-Night-Stand damals zum Einsatz kam. Wer würde sich da nicht freuen? Vor allem, weil Töchterchen glaubt, der Herr Papa lebe nur deshalb so spartanisch, weil er in Wirklichkeit ein mexikanisches Waisenhaus unterstützt und Mademoiselle nun mit seinem Strom und seinen Bargeldreserven umso freigiebiger umgeht… schon bald macht das Gerücht von seiner geheimen Wohltätigkeit die Runde, und auf einmal wird aus dem unbeliebten Nachbarn ein umschwärmter Mitbürger, dem alle plötzlich ihrerseits unter die Arme greifen wollen. Hier kann man wirklich noch was dazulernen, wenn es um neuartige Sparmethoden geht, grinste ich an einigen Stellen in mich hinein, doch auf den wirklichen Knall gegen Ende des Films war ich nicht vorbereitet.

Jennifer’s Body – Jungs nach ihrem Geschmack: Hier kommt der versprochene Horrorfilm. Zum Gruseln war der allerdings nicht. Als die Highschool-Schönheit Jennifer den Leadsänger einer Indie-Rockband zum Objekt der Begierde auserkoren hat, kann sie nicht ahnen, dass der und seine Bandkollegen in Wahrheit nur eine Dumme bzw. Jungfrau suchen, die sie in einem satanistischen Ritual opfern können. Wirklich dumm daran ist nur, dass die gute Jennifer den nicht ganz so netten Herren etwas vorgeflunkert hat. Und da sie gar keine Jungfrau mehr ist, wurde sie durch das Ritual in einen Sukkubus, einen blutrünstigen Dämon verwandelt, der fortan Jagd auf männliche Mitschüler macht, um bei Kräften zu bleiben. Kritisch wird die Sache so richtig, als ihre beste Freundin Anita fürchten muss, dass sich Jennifer ihrem Freund Chip zuwendet und der als nächstes auf der dämonischen Speisekarte landet. Entgegen der vorherrschenden Meinung, der Film sei nix dolles, fand ich diese Komödie mit Megan Fox als Jennifer und Amanda Seyfried als Anita gar nicht so übel.

Mortal Engines : Krieg der Städte: Warum diese Verfilmung eines postapokalyptischen Romans an den Kinokassen nicht den gewünschten Erfolg hatte? Gute Frage, denn an der Handlung von Städten, die auf der Suche nach Ressourcen über die verwüstete Erde streifen und sich dabei alles einverleiben, was bei drei nicht im nächsten Sumpf verschwunden ist, kann es nicht liegen. Auch nicht an der Besetzung (Hugo Weaving, Regé-Jean Page, Robert Sheehan) oder der Steampunk-Optik… Die fand ich nämlich äußerst gelungen, besonders das Innere des wandelnden Londons, in dem der wahre Bösewicht jedoch nicht der Bürgermeister ist, sondern Thaddäus Valentine, der Leiter der Archäologengilde, der eine Superwaffe entwickelt hat, mit der er seiner Stadt den Weg frei machen will, denn hinter der Großen Mauer lauert der Widerstand… Ob es an dem Versuch lag, so viel wie möglich aus den Büchern in einen Film zu packen, falls es mit einer eventuellen Fortsetzung nicht klappt oder gar an der Länge? Von den 128 Minuten (was inzwischen nicht mehr viel ist) inclusive vereinzelter Ungereimtheiten, die mir gefühlt jedoch wie drei Stunden vorkamen, zog sich besonders der Showdown am Ende in die Länge. Vielleicht hätte ich den Film doch im Kino genießen sollen, dann hätte ich mehr davon gehabt als auf dem an der Wand hängenden Flachbildschirm meines Fernsehers.

Coldplay live from Buenos Aires: Nach dem 34-Euro-Flop mit der „Candlelight-Hommage an Coldplay“ und den unerschwinglichen Tickets im Sommer fürs Stadion kam nun mein dritter Anlauf in Form des weltweit aus Buenos Aires übertragenen Konzerts vom 28. Oktober im Kino einen Tag später. Um kurz nach 20 Uhr in meinem Lieblings-Arthouse-Filmtheater war es dann gestern Abend soweit: Welcome to the „eco-friendly concert feeling“, oder wie soll ich diesen Satz („kinetic dance floors and stationary bikes that can channel energy directly from the fans in the crowd into batteries that power different elements of the show“) verstehen? Fans auf Fahrrädern treiben den Energiefluss an?

Bei dem übertragenen Konzert wurden jedenfalls keine Kosten und Mühen gescheut. Allerdings wurde mir während der folgenden zweieinhalb Stunden eins schnell klar: Zwar kann ich mir ihre Titel nur schwer merken oder sie mit den Songs gar verbinden, doch sobald ich einen höre, kann ich ihn auf meiner „Kenn ich“-Liste abhaken (und das konnte ich bei den meisten). Natürlich durfte das in einer meiner Dienstagsgedudel-Ausgaben vorgestellte „Yellow“ nicht fehlen sowie mein persönlicher Favorit „Sky full of stars“. Diesen brach Chris Martin schon nach wenigen Takten ab, um das Publikum anzuflehen, jegliches elektronische Equipment (vor allem Mobiltelefone) abzuschalten und das Geschehen mit den eigenen Augen zu erleben. Hatte ich zwischendurch immer mal wieder den ein oder anderen emotionalen Augenblick, so brachen bei mir so richtig alle Schleusen, als man die iranische Schauspielerin Golshifteh Farahani auf die Bühne bat, um aus Solidarität mit den iranischen Protesten (Hashtag #Mahsa Amini) das Lied „Baraye“ von Shervin Hajipour darzubieten: „This song is in Farsi so I can’t really sing it. But we are gonna sing it together and we send it with love from Buenos Aires…“

Und als ob dieser Gänsehautmoment nicht gereicht hätte, gab es etwas später noch ein Duett mit Jin, dem Sänger der koreanischen Popgruppe BTS (mit rosa Glitzermikrofon), der für längere Zeit erst mal nicht mehr auftreten wird, weil er zum Militär muss. Dass Coldplay und BTS zusammengearbeitet haben, wusste ich bis jetzt noch nicht. Doch jetzt weiß ich es, und so übel finde ich das Ergebnis („My Universe“) nicht. Von wegen „kein Glamour“ und „einfach nur vier Kumpel“ (den Titel beanspruchen ganz andere)… Rückblickend kann ich nach der gigantischen Show mit Feuerwerk, Sternenkonfettiregen und Einlagen mit Puppen oder als Aliens kostümierte Musiker sagen: Danke. Danke, dass es endlich geklappt hat und die noch nicht mal dreißig Euro gut angelegt waren. Und jetzt hätte ich spontan Lust auf ein Livekonzert mit der Band im nächsten Jahr.

Welcome to the show? Dieser Monat war bei mir alles andere als horrorlastig geprägt. Das wahre Gruseln fand diesmal woanders statt.

Cinema-Scope 2022 : September – Sondervorstellung/en

Das Jahr zieht rasend schnell vorüber, und ich merke gerade, wie meine Sehnsucht, Konzerte und Ausstellungen zu besuchen, stärker wird als mein Wunsch nach Filmen, die ich noch auf meiner Liste für die kommenden Wochen habe.

Monsieur Claude und sein großes Fest – 2.9.22 : Ein Film, den ich schon im Frühjahr sehen wollte, der aber jetzt im Gratis-Open-Air-Kino am mittlerweile schönsten Platz von Offenbach auf mich wartete. Diesmal war ich schlauer und hatte sogar meine eigene Decke dabei, und der Blick auf den untergehenden Mond: unbezahlbar. Noch besser wäre es gewesen, wenn ich die richtige Brille eingesteckt hätte, denn so konnte ich nicht einmal die Untertitel lesen, und davon gab es einige. Sie nicht entziffern zu können, tat dem Vergnügen beim inzwischen dritten Film der Reihe um den Herrn und seiner kunterbunten Familie dennoch keinen Abbruch. Diesmal steht die Rubinhochzeit von Claude und Marie Verneuil vor der Tür. 40 Jahre, das muss selbstverständlich ganz groß gefeiert werden, und so stürzen sich die Töchter mit großem Enthusiasmus in die Vorbereitungen. Schon allein die kompletten Familien der Schwiegersöhne unter einen Hut zu bringen, erfordert Organisationstalent, denn die leben über die ganze Welt verstreut: in China, Israel, Algerien und der Elfenbeinküste. Das unvermeidliche Chaos darf dabei genauso wenig fehlen wie das Anhäufen von Klischees, die niemanden aussparen. Mir hat der Film sehr gut gefallen – weniger schön jedoch war die Nachricht, dass noch während der Dreharbeiten drei Produktionsmitglieder bei einem Autounfall ums Leben kamen. Ihnen ist der Film gewidmet, wie es im Abspann zu lesen war.

Personal Shopper – 17.9.22 : Wenn man lieber zu Hause bleiben möchte, aber im Fernsehen nichts läuft, das einen interessiert – dann ist vielleicht Streamen die Lösung? In meinem Fall bin ich durch das Angebot von „Filmfriend“ (dem Gratisangebot für alle Kunden deutscher, österreichischer und schweizer Bibliotheken) gestreift und auf einen Film mit Kristen Stewart gestoßen, der auf der Seite als Mystery-Thriller angepriesen wurde.

Ihren Job als Personal Shopperin für das Model Kyra macht Maureen (Kristen Stewart) mit wenig Leidenschaft, statt dessen wartet die medial begabte junge Frau regelrecht besessen auf ein Zeichen ihres an einer Herzkrankheit früh verstorbenen Zwillingsbruders Lewis. Eine Übernachtung in Lewis‘ Haus führt zwar zunächst nicht zu dem gewünschten Ergebnis, doch dann bekommt sie plötzlich rätselhafte Handynachrichten von einem Unbekannten, der immer genau zu wissen scheint, wo sie sich befindet und was im nächsten Moment geschehen wird… Was sich hier eventuell langatmig liest, ist der Versuch, einen Film zu beschreiben, der weniger durch Schockmomente glänzt als eine unterschwellige, noch lange nachklingende und unheilvolle Stimmung heraufbeschwört und gegen Ende eine Szene zu bieten hat, zu der ich dreimal zurückspulen musste, um zu begreifen, was sich gerade vor meinen Augen abgespielt hat.

Moonage Daydream – 18.8.22 : Noch ein Biopic? Äh… nicht, wenn es sich um Filmmaterial aus David Bowies Privatarchiv handelt und sich der daraus entstandene Film dem herkömmlichen 08/15-Erzählmuster von Filmen aus diesem Genre entzieht. Musiker, Schauspieler, Maler… Während der 140minütigen Laufzeit dieses filmgewordenen Porträts bekam ich so einen Eindruck, wie vielseitig David Bowie, und vor allem wie wegweisend er als Künstler war.

Don’t worry, Darling – 21.9.22 : Eigentlich hatte ich schon gar keine Lust mehr, mir diesen Film anzusehen, dem so viele unnütze „Skandal“meldungen vorausgegangen sind, die mir den letzten Nerv raubten. Wer mit wem Beef hat, interessiert mich herzhaft wenig – es war dann aber doch der Trailer, der mich auf den Eröffnungsfilm des Fantasy-Filmfests in Frankfurt (in der Originalversion ohne Untertitel) neugierig gemacht hat. Wie nannte ich das Spektakel neulich noch so schön? „Stepford Wives meets Truman Show“?

„Stepford Wives meets Matrix“ würde es wohl eher treffen. Denn in der ach so perfekten und klinisch reinen Welt der 1950er Jahre scheint zunächst noch die Welt in Ordnung. Morgens verabschieden sich die Ehemänner von ihren adretten Gemahlinnen und brechen zu ihrem streng geheimen Job auf, während sich die Damen mit Hingabe der Pflege ihres Heims, gemeinsamen Ballettstunden und bunten Cocktails am Pool widmen. Neuankömmlinge werden herzlich in den trauten Kreis aufgenommen, und doch spürt Alice (Florence Pugh), dass an dieser Bilderbuchwelt so gar nichts stimmt. Worin besteht die streng geheime Arbeit, der ihr Mann (Harry Styles) nachgeht, und warum versucht man ihr einzureden, sie hätte sich den Selbstmord der Nachbarin nur eingebildet? Die Lage eskaliert, als sie vor versammelter Mannschaft das Oberhaupt (Chris Pine) der sektenartig strukturierten „Victory“-Gemeinschaft zur Rede stellt und Antworten verlangt.

Freibad – 22.9.22 : Ein Freibad nur für Frauen. Welch Ort der Harmonie und Eintracht: Davon zeugen die nachts bunt leuchtenden und gemütlich zu den Klängen von „Dream a little dream of me“ auf dem Wasser dahin dümpelnden Schwimmtieren. Ach ja, hier kann Frau ganz unter ihresgleichen sein und die Seele baumeln lassen, ohne auf sexistische Sprüche oder genauso dumme Anmache zu stoßen. Von wegen. Denn in diesem Frauenfreibad treffen mehrere Welten aufeinander: die Feministinnen Gabi (Maria Happel) und Eva (Andrea Sawatzki), grillende Türkinnen und die stets im Burkini trainierende Schwimmerin Yasemin – die mit ihrer Verhüllung den Unmut ihrer grillenden Verwandten und besonders den von Eva auf sich zieht. Als eines Tages eine Gruppe von Kopf bis Fuß verhüllter Schweizerinnen wegen des dortigen Burkaverbotes Zuflucht im Freibad sucht, kommt es zwischen allen Beteiligten zu einer Auseinandersetzung mit Handgreiflichkeiten, in deren Verlauf es der schweizerischen Bademeisterin Steffi reicht und diese den Job hinwirft. Doch ohne Badeaufsicht muss das Bad schließen. Große Freude, als endlich Ersatz für Steffi gefunden wird – doch die neue Aufsichtsperson am Beckenrand ist ein Mann… Eine Komödie von Doris Dörrie, randvoll gefüllt mit Klischees, die teilweise auf realen Begebenheiten im Freiburger Lorettobad beruht – wenn auch stark überspitzt dargestellt.

Mögen draußen an jenem Tag alle kollektiv vor sich hin gebibbert haben und sich bei meiner Programmwahl vermutlich an den Kopf gegriffen haben, so war „Freibad“ für mich ein gelungener Abschluss dieses mehr als trockenen und viel zu heißen Sommers.

Ja, der Sommer ist eindeutig vorbei, und nun winkt auch schon der „Horrorctober“ – ein Spaß, bei dem ich dieses Jahr voraussichtlich nicht dabei bin (auch wenn sich eventuell der ein oder andere Mystery- oder Horrorschinken in meine Filmauswahl verirrt).

Cinema-Scope 2022 : August – bunt gemischt

Mach Sachen, dachte ich, als ich den Aushang an der Eingangstür zum Cinemaxx in unserer Stadt entdeckte, auf dem der Betreiber ankündigte, es sei warm. Die Warnung war jedoch nicht ganz unberechtigt, denn wegen eines technischen Defekts lief die Klimaanlage nicht. Davon ließ ich mich jedoch nicht abhalten und wagte mich trotzdem hinein. Keine so dumme Idee, denn in einer der vorderen Reihen, konnte ich nicht nur getrost auf meine Brille verzichten – nein, die Temperatur war in diesem Bereich (in der Nähe der Tür) erstaunlich angenehm. Von wegen „es wird warm“… das galt war fürs Foyer (und nicht für den Saal) und noch ein wenig mehr auf der Leinwand.

Thor: Love and Thunder – 5.8.22

Bunte Farben, grandiose Landschaften und ein Stand-Alone-Film (den Ausdruck habe ich von einem Filmkritiker auf Youtube), in dem ein Gag den anderen jagt (ich sage nur eifersüchtelnde Waffen und schreiende Ziegen) – und dann noch von einem Regisseur, von dem mir bisher noch kein schlechter Film untergekommen ist: Nach „Fünf Zimmer, Küche, Sarg“ und „Jojo Rabbit“ ist das nun der dritte Film unter der Regie von Taika Waititi. Und was soll ich sagen? Dass ich mich einmal so richtig für einen Marvel-Film begeistern würde, hätte ich so schnell auch nicht wieder gedacht.

Das könnte daran liegen, dass hier zwar zu Beginn des Films die Guardians of the Galaxy in Erscheinung treten, danach aber weitgehend dem nordischen Donnergott (Chris Hemsworth) und  -surprise! surprise! – Dr. Jane Foster (Natalie Portman) das Feld überlassen. Letztere muss sich wegen ihrer im Endstadium befindlichen Krebserkrankung einer Chemotherapie unterziehen. Als sie in einem Buch über nordische Mythologie liest, Thors Hammer Mjölnir könne ihr unter Umständen zu Gesundheit verhelfen, reist sie umgehend nach New Asgard und wird zur neuen Besitzerin des in Stücke zerbrochenen Hammers, der sich prompt wieder zusammensetzt. Das Wiedersehen mit Thor nach acht Jahren gestaltet sich zwar ziemlich vorhersehbar, wie der ganze Film, der sich um den Kampf gegen den Bösewicht Gorr (Christian Bale) dreht.

Gorr hat sich wegen eines traumatischen Erlebnisses das Ziel gesetzt, alle Götter zu töten, auch diejenigen, die sich in ihrer Allmachtsstadt sicher fühlen. Schön, dass sich dort alle so wohnlich eingerichtet haben – allen voran natürlich Zeus (Russell Crowe), der für Thor und seinen Mitstreitern auch nur einen Finger rühren, sich aber auch nicht von seinem Blitzpfeil namens Donnerkeil trennen möchte. Ein schwerer Fehler, wie sich herausstellt…

Fühlte sich für mich „Black Widow“ für mich wie ein in die Länge gezogener, aber dafür auch um Längen besserer James-Bond-Film an, so hatte ich in „Thor: Love and Thunder“ so richtig meinen Spaß, und zwar nicht nur, weil dieses Werk m.E. für sich allein steht. Endlich wird von mir einmal nicht verlangt, dass ich vorher ein gründliches Studium der Marvel-Historie mit allen Filmen, Serien und Comics betrieben haben muss, um bei der Handlung mitzukommen. Hinzu kommt der Guns’n’Roses-lastige Soundtrack, der auch nicht davor zurückschreckt, „Our last summer“ von ABBA, „Family Affair“ von Mary J. Blige und „Only Time“ von Enya mit einzubeziehen. Guns’n’Roses are everywhere: Sogar in der Namenswahl eines der von Gorr entführten Kinder von Asgard, das fürderhin nur noch Axl genannt werden möchte. Das ist fast noch besser als die Gags, die sich um den bürgerlichen Namen von Lady bzw. Mighty Thor drehen,  doch auch nicht schlecht war das Rätselraten, wer sich unter der Maske von Gorr befindet und dass ich zwei Stunden gebraucht habe, um Christian Bales Identität zu lüften. Soviel zum Thema „ich brauche keine Brille, um alles zu erkennen“.

Mein Schlussplädoyer: Auch wenn eingeschworene Marvel-Fans und Kritiker, denen hier viel zu viel alberner Klamauk vorherrscht, diesen Film nach Strich und Faden verreißen – mir hat „Thor: Love and Thunder“ gefallen; schon allein weil ich genau das bekommen habe, was ich erwartet hatte: eine leichtfüßige und quietschbunte Actionkomödie, die nicht unnötig in die Länge gezogen wurde und auch gerne für sich alleine stehen darf. Außerdem ein Aufgebot an Stars, das sich gewaschen hat: Chris Hemsworth, Natalie Portman, Russell Crowe, Taika Waititi, Karen Gillan, Vin Diesel, Matt Damon, Sam Neill, Luke Hemsworth und andere (über Melissa McCarthy breite ich lieber den Mantel des Schweigens).

Nach dieser langen Einführung in meinen achten Filmmonat in diesem Jahr geht’s noch heißer weiter (als ob Thor nicht schon gereicht hätte).

Surf Film Nacht: African Territory (OmU) – 6.8.22

Hafenkino Open Air 2022 – vom 10. Juni bis zum 27. August – dieses Ereignis wollte ich mir nicht entgehen lassen, denn den Sommer nur im Haus oder geschlossenen Räumen zu verbringen, konnte es nun auch nicht sein. Leider hatte ich nicht damit gerechnet, dass es ausgerechnet an diesem Abend ungewöhnlich frisch werden würde, aber erst mal der Reihe nach.

Auf dem Plan stand „Surf Film Nacht : African Territory“, ein Dokumentarfilm in Originalsprache/n mit Untertiteln, in dem es – in Kürze – um die 22monatige Reise zweier Surfer in einem umgebauten 80er-Jahre-Unimog von Spanien aus nach Südafrika, und zwar immer an der Küste entlang. Dieses Roadmovie der anderen Art klang nach einem waghalsigen Abenteuer, und tatsächlich waren die Bilder dieser mit unzähligen Hindernissen verbundenen Reise durch insgesamt 20 Länder wunderschön und faszinierend. Aufnahmen von bereichernden Begegnungen mit der einheimischen Bevölkerung wechselten sich ab mit atemberaubend in Szene gesetzten Surferlebnissen. Ich war begeistert. Doch was dann kam, führte dazu, dass ich mir gelinde gesagt, leicht veralbert vorkam.

Soeben noch befinden wir uns auf einem seeuntüchtigen Schiff vor der westafrikanischen Küste, nachdem die beiden Herren einen ganzen Monat lang hingehalten worden sind, dann folgt die Einblendung „African Territory – Part 1“, es kommt noch eine kurze Szene und dann der Abspann. Mit keiner Silbe wurde vorab darauf hingewiesen, dass das sagenumwobene Werk aus zwei Teilen besteht.

Leider nur der erste Teil : https://vimeo.com/715995266

Mein Schlussplädoyer: Wo und wann ich nun in den Genuss des zweiten Teils komme? Keine Ahnung – wenn es jemand herausfindet, bitte mir Bescheid geben. Abgesehen davon, dass ich mich genauso veräppelt vorkam wie seinerzeit bei den Matrix-Filmen, war der Abend (inclusive Speis und Trank, freilaufender Hühner und einem Konzert auf Spendenbasis) wirklich cool. Vielleicht etwas zu cool. So ohne Jacke oder Decke habe ich während der zwei Stunden, die der Film dauerte, gepflegt vor mich hin geschnattert und im Dunkeln obendrein meinen Stuhl nicht mehr wiedergefunden.

Bullet Train – 7.8.22

Auch wenn im titelgebenden Zug von Tokyo nach Kyoto bei 300 km/h die Kugeln nur so fliegen, bezeichnet man die in Japan „Shinkansen“ genannten Hochgeschwindigkeitszüge als Bullet Trains, die als die sichersten Züge der Welt gelten. Dass sie außerdem an den einzelnen Stationen nur extrem kurz halten, wird während der rasanten Fahrt, die die Action-Komödie von Anfang an aufnimmt, noch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Brad Pitt gibt hier den vom Pech verfolgten Auftragsmörder Ladybug, der einen eigentlich einfachen Job erledigen soll, sich dann aber leider im besagten Zug weitere Auftragsmörder mit herrlich schrägen Namen befinden, die alle dasselbe Ziel haben…

Ich hatte in dem eng verzahnten Werk ohne jeglichen Leerlauf von der ersten Minute an so richtig Spaß. Quietschbunt und zum Brüllen komisch: Versuchen Sie doch zum Beispiel mal, sich mit jemanden leise im Ruheabteil zu kloppen (geschweige denn, den anderen zu killen). Klappt nicht. Und mit dem 9-Euro-Ticket kommt man hier auch nicht weit. Dann schon lieber ganz ohne. So, genug gespoilert.

So rasant wie der Zug Japan durchquert, ist auch die Action, die immer wieder von Rückblenden und Kurzbiografien unterbrochen wird. Letztere zeigen, wer alles mit wem verbunden ist. Besonders gut hat mir der große Einfallsreichtum gefallen, der sich auch im Ende des Films offenbart – mein Tipp: nicht gleich aus dem Kinosaal verschwinden, sobald der Abspann läuft.

Mein Schlussplädoyer: Der Trailer hat nicht zu viel versprochen. Aber auch nicht zu viel verraten, wie das heute leider nur zu oft der Fall ist. Eine echte Überraschung war für mich die Besetzung. Hatte Brad Pitt in „The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ nur eine Minirolle, während Sandra Bullock und Channing Tatum den größten Teil des Films trugen, tauchen hier beide nur in winzigen Nebenrollen auf.

Guglhupfgeschwader – 11.8.22

Nicht nur in japanischen Hochgeschwindigkeitszügen fliegen die Kugeln, auch im bayerischen Niederkaltenkirchen. Hier fiebert nicht nur Ermittler Franz Eberhofer seinem zehnjährigen Dienstjubiläum entgegen, sondern gleich das ganze Dorf dem 17 Millionen Euro schweren Lotto-Jackpot entgegen. Zur Entspannung der Situation trägt da nicht gerade bei, dass der Lotto-Otto plötzlich ins Visier einer kriminellen Bande gerät und bei der Gelegenheit dann auch gleich die ungeklärte Vaterschaft des nicht ganz so cleveren jungen Mannes zum Dauerthema wird. Und dann verschwindet auch noch der Lottoschein mit den sechs Richtigen… Den Trailer zu dieser Verfilmung eines Provinzkrimis von Rita Falk fand ich zum Brüllen, die Verfilmung amüsant, nur hätte ich dazu nicht ins Kino gehen müssen. Wäre der Film im Fernsehen gelaufen, wäre es genauso gut gewesen.

Mein Schlussplädoyer: Amüsante Unterhaltung mit Darstellern wie Enzi Fuchs und Eisi Gulp, die in mir den Wunsch, die Buchvorlage zu lesen, ausgelöst hat.

Nope – 18.8.22

Alles gute kommt von oben? Nicht, wenn es aus einer mysteriösen Wolke Geschosse hagelt und sich in dieser Wolke etwas verbirgt, dem man besser nicht begegnen würde. Nach dem Tod ihres Vaters versuchen die Geschwister O.J. und Emerald, die Pferderanch weiter am Laufen zu halten und dabei herauszufinden, was es mit der starr am Himmel klebenden Wolke auf sich hat. Da für die beiden klar auf der Hand liegt, dass es nur ein UFO sein kann, beschließen sie, besagtes UFO zu filmen und das Material ans Fernsehen (am besten an Oprah) zu verkaufen, um so die marode Ranch vor dem finanziellen Ruin zu retten. Ein durchdachter Plan? Schon bald müssen sie erkennen, dass sie den außerdischen Besuch gewaltig unterschätzt haben.

Als ich hörte, dass mit „Nope“ mit ein Mix aus verschiedenen Genres auf mich zukommen würde, war ich begeistert. Nichts gegen reine Horrorfilme, aber da ich diesen Monat schon zwei Genre-Crossovers hatte, war ich umso gespannter, und der Trailer verhieß Spannung. Auch die Landschaft fand ich grandios in Szene gesetzt – kalifornische Bergketten vor einem sich verfinsternden Himmel? Für die Leinwand wie gemacht. Wirklich an meinen Nerven gezerrt aber hat die Musik, die stellenweise echtes Unbehagen bei mir ausgelöst hat. In ähnlicher Form ist mir das bei „Der Leuchtturm“ passiert. Zurück zu „Nope“, dessen Ende mich nicht noch stundenlang wachgehalten hat wie das von „Us“ (Wir) mit seiner Schlusseinstellung, die mich frappierend an ihr Gegenstück vom Anfang erinnert hat.  

Mein Schlussplädoyer: Wenn man es aushalten kann, dass sich die Spannung nur langsam aufbaut und über weite Strecken scheinbar nicht viel geschieht, ist „Nope“ nicht die schlechteste Wahl. Was Sound und Kameraführung angeht, war ich begeistert.

Jagdsaison – 20.8.22

Gemischtwarenladen, auf die Spitze getrieben. Nein, nicht was diese deutsche Produktion angeht, denn die ist eine Komödie – sondern mein Hang, keinem Genre den Vorzug zu geben… Nach zwei Actionkomödien und einem Krimi, der sich durch teilweise derben Humor auszeichnet, ist meine Wahl diesmal auf ein Remake der dänischen Komödie „Jagtsæson“ aus dem Jahr 2019 gefallen. Schauplatz eines bald schon aus dem Ruder laufenden „Mädelswochenendes“ ist ein Wellnesshotel an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Marlene, in deren zwanzigjähriger Ehe es nicht mehr ganz so rund läuft, hat sich dort mit Urlaubs-/Seminarbekanntschaft zum Seitensprung verabredet.

Begleiten soll sie als moralische Unterstützung Bella, mit der sie sich beim Yoga angefreundet hat. Dass sich ausgerechnet Marlenes beste und völlig verpeilte Freundin Eva anschließt, um Marlene von ihrem Vorhaben abzubringen, ist jedoch nicht der einzige Grund für das bald ausbrechende Chaos. Marlenes neue Freundin Bella ist dummerweise die neue Lebensgefährtin von Evas Ex-Mann, und so ist der drohende Konkurrenzkampf zwischen Eva und Bella nur eine Frage der Zeit. Sage mir, in welchen Film du gehst, und ich sage dir, welchen Trailer du im Vorprogramm zu sehen bekommst. Im Fall von „Jagdsaison“ ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass Trailer nicht gleich Trailer ist. Lag im Vorprogramm zu „Thor“ oder „Bullet Train“ der Fokus noch auf den derben Sprüchen, die das Damentrio nacheinander raushaut, so steht im Vorprogramm zu „Guglhupfgeschwader“ ein ganz anderes Thema des Films im Mittelpunkt: Freundschaft und das was passiert, wenn sich eine neue Freundschaft anbahnt und die alte zu verdrängen droht. Irreführend waren jedenfalls beide.

Mein Schlussplädoyer: Hätte es keine Slapstick-Komödie als Vorlage gegeben, wäre aus diesen Zutaten vermutlich unter anderer Regie ein Drama herausgekommen. So aber habe ich mich 93 Minuten lang nicht auch nur eine Minute gelangweilt – besonders interessant war für mich die Ähnlichkeit der Außenanlagen des Wellnesshotels mit denen von Schloss Noer in der Nähe von Eckernförde. Leider habe ich dazu keine Informationen im Internet gefunden. Vielleicht war’s die Hofkulisse von Schloss Einstein, aber wie auch immer – für mich war der Film besser als sein/e Trailer

Es war nicht Schloss Noer – aber es sah um ein Haar ganz danach aus.
Das hier ist das echte Schloss.

So, das war’s auch schon wieder für den August. Im September warten schon einige Highlights, die ich nicht verpassen möchte.

Cinema-Scope 2022 : Juli – Überraschungen für Nostalgiker

Nicht nur im Hafenkino Open Air 2022 – in meiner Heimatstadt vom 10. Juni bis zum 27. August – laufen so richtig gute Filme. Zum Beispiel Licorice Pizza. Oder The French Dispatch. Genau dieselben Filme konnte ich aber auch in den Frankfurter Arthouse-Kinos, unter dem Stichwort „Sommerflimmern“, sehen. Und mit dem frisch erworbenen „Filmfreund:in“-Pass sogar zwei Euro pro Vorstellung günstiger.

ELVIS

Nachdem bei diesem Biopic die Woge der Begeisterung anderer auf mich übergesprungen ist, habe ich meine Skrupel vor überlangen Filmen überwunden und habe mich auf das Erlebnis eingelassen. Schließlich bin ich mit der Musik Elvis‘ großgeworden – nur mit seiner Zeit in Las Vegas konnte ich nicht so viel anfangen, und genau die nimmt großen Raum in dem 159 Minuten langen Film sein. Eine solch lange Laufzeit könnte sich ziehen, wäre das Leben der Hauptperson (wie in diesem Genre oft so üblich), in chronologischer  Reihenfolge nacherzählt worden – und genau das ist hier der springende Punkt.

Nicht nur, dass der Film zwischen den Stationen des „King of Rock & Roll“ hin und her springt – und das tut er ganz schön oft. Hinzu kommt, dass sich nicht alles ausschließlich um Elvis Aron Presley dreht, sondern sehr ausführlich auch um seinen Manager: Colonel Tom Parker (Tom Hanks), der in seinem Schützling die goldene Gans gefunden hat, die er nach Herzenslust ausnehmen kann, nachdem er dessen Eltern ordentlich eingewickelt und eingeseift hat. Nur dumm, dass die goldene Gans irgendwann beschließt, keine Eier mehr zu legen und den Manager zu feuern, nachdem sie herausgefunden hat, dass sie im wahrsten Sinne verraten und verkauft worden ist. Diese Schmach kann der so abrupt Hinausgeworfene nicht verwinden und macht nun seinerseits der Familie Presley eine Rechnung auf, die sich gewaschen hat

Tom Hanks als Unsympath? Ihn eines Tages als einen solchen Charakter erleben zu dürfen, war eine echte Überraschung für mich. Keine Überraschung war jedoch, dass Regisseur Baz Luhrmann (von dem ich noch keinen schlechten Film gesehen habe) mit Austin Butler als Elvis einen absoluten Glücksgriff getan hat. Nach wie vor bleibe ich dabei: Egal wie groß die Ähnlichkeit zwischen Schauspieler und dargestellter Person ist, sobald man nur noch jene Person – in diesem Fall Elvis – sieht und nicht mehr den Darsteller, dann hat jemand alles richtig gemacht. Beeindruckend fand ich auch die stellenweise eingesetzte Split-Screen-Technik oder ganze Passagen als Comic.

Licorice Pizza –

Filmtipp Nummer zwei – welcome to the 70s. Eigentlich ist von Anfang an klar, dass die beiden irgendwann zueinander finden würden: Gary Valentine, fünfzehnjähriger Kinderstar und Jungunternehmer (gespielt von Cooper Hoffman), der einer hippen Geschäftsidee nach der anderen hinterherjagt, und Alana Kane (dargestellt von Alana Kane), die mit 25 noch immer als Assistentin des Schulfotografen arbeitet und eigentlich viel lieber Schauspielerin wäre. Leider müssen beide feststellen, dass es mit einem alternativen beruflichen Standbein schwieriger ist als gedacht, und das nicht nur wegen der Ölkrise… Ich muss zugeben, ich hatte große Erwartungen angesichts der Lobeshymnen all derer, die den Film schon längst gesehen hatten und in Anbetracht der Darstellerliste, die sich sehen lassen kann: Sean Penn, Tom Waits, Bradley Cooper, Maya Rudolph. Im großen und ganzen hat mir der Film auch gefallen, aber mit 133 Minuten Länge fand ich ihn gerade am Schluss einfach zu lang.

The French Dispatch

Starkino mal ganz anders. Wenn sich ein Ensemble aus bekannten Namen wie Tilda Swinton, Frances McDormand, Timothée Chalamet, Benicio del Toro oder Bill Murray (die Liste ist aber noch viel länger) auf einen Film von 108 Minuten Länge aus vier in sich abgeschlossenen Episoden verteilt und dabei in absurden Situationen glänzt, klingt das nach einem Film wie für mich gemacht. Tatsächlich wurde mir das kunterbunte Werk von Wes Anderson wärmstens empfohlen, und nun kam ich auch endlich in den Genuss. Wenn ich meinen Gemütszustand während und nach dem Schauen des Films beschreiben sollte, dann würden es die Wörter „verwirrt“ oder „überfordert“ am ehesten treffen, denn teilweise wusste ich nicht, wohin ich zuerst schauen sollte. Vielleicht aber auch noch „ohne Brille aufgeschmissen“, denn ohne Nasenfahrrad vor meinen mit den Jahren auch nicht besser werdenden Äuglein entgehen mir Details, die mir erst beim nochmaligen Anschauen auf Youtube auffallen, wie das nur scheinbar vorhandene Product Placement, wenn die Zigaretten nicht Gauloises, sondern Gaullistes heißen.

Filmisch (gerade was das Bühnenbild betrifft) und darstellerisch top, gab mir jedoch die Art und Weise, wie deutsche Über- bzw. Untertitel in den Szenen, in denen aus dem Nichts französisch gesprochen wird, eingesetzt wurden, Rätsel auf. Mal waren sie da, dann wieder nicht, aber sei’s drum – ich hatte bei den Geschichten aus der fiktiven französischen Stadt Ennui-sur-Blasé (der Name! Langweile-über-blasiert) meinen Spaß. Schon allein die Anfangssequenz, in der der Kellner ein volles Tablett in die Redaktionsräume des von einer halben Million Menschen abonnierten Magazins „The French Dispatch“ trägt und dabei durch ein Labyrinth von Treppen muss, hat mich doch stark an die Szene in Jacques Tatis Film „Mein Onkel“ erinnert, in der besagter Onkel durch ein verschachteltes Treppenhaus zu seiner Dachwohnung hinaufsteigt.

Mein Onkel, gefunden auf youtube – https://youtu.be/6mtluyHcOnk

The French Dispatch, gefunden auf: https://www.youtube.com/watch?v=UUTK_LdLEjk

Mein Fazit: Ein Film, der unbedingt auf die große Leinwand gehört, aber wegen der vielen entgangenen Kleinigkeiten die Anschaffung auf DVD oder BluRay lohnt.

Und nun noch was fürs Heimkino:

– Ganz weit hinten –

Starkino, die Zweite – oder aber auch: Ein Familienurlaub, der keiner war. Wenn die Eltern geschieden sind, man aber eigentlich die Sommerferien viel lieber beim Vater verbringen möchte anstatt im Strandhaus des Freundes der Mutter. In diesem Fall hat dieses Pech der 14jährige Duncan, der wegen seiner Schüchternheit und Introvertiertheit nur schwer Anschluss an Gleichaltrige findet und deshalb lieber alleine ist.

Dass Trent (Steve Carrell), der nervige Freund seiner Mutter (Toni Collette), permanent auf ihn einredet, wie wichtig es doch sei, Kontakte zu knüpfen (offenbar nur, um den Jungen loszuwerden), macht die Sache nicht besser. Dass er mit den anderen Jugendlichen am Ort nichts anfangen kann (und sie nicht mit ihm) und die lärmige Nachbarin Betty, die ihm ihren 12jährigen Sohn Peter aufhalsen möchte, um mit Trent und seinen Freunden am Strand Party machen zu können, führt dazu, dass Duncan schließlich auf einem rosa Kinderfahrrad die Flucht ergreift und aus Neugier in einem schon etwas angejahrten Wasserpark landet und von Parkmanager Owen (Sam Rockwell) angestellt wird. Es dauert nicht lange, bis der Junge aufblüht und Selbstvertrauen entwickelt, und so werden Owen und seine Freunde so etwas wie eine Familie für ihn – und der Wasserpark der einzige Ort, an dem der sich wirklich wohlfühlt. Mit dem Zusammenhalt und gemeinsamem Miteinander sieht es innerhalb seiner eigenen (Patchwork-)Familie dagegen komplett anders aus, und die Situation eskaliert, als er Trent mit einer anderen Frau in einer leidenschaftlichen Umarmung erwischt und Duncans Mutter vor versammeltem Freundeskreis herausfindet, dass Trent sie belogen hat…

Gesehen habe ich den Film im Anschluss an eine Komödie mit Sam Rockwell als Auftragsmörder mit moralischen Skrupeln – an meinem letzten Wochenende vor meinem Urlaub, als ich mich wegen der Hitze zum Weggehen nicht aufraffen konnte. Der Wasserpark versprach Abkühlung (was aber nicht wirklich funktioniert hat), und meine nostalgischen Momente hatte ich beim Soundtrack zu dem Coming-of-Age-Film. Auf die Kombination einer Breakdance-Szene mit dem 80er-Jahre-Kracher „New Sensation“ von INXS muss man auch erst einmal kommen, aber wenn ich diesem Beitrag Glauben schenken darf, steckt mehr in der Songauswahl, als so manch eine/r vermutet hat.

New sensation by INXS meets Headspins – https://www.youtube.com/watch?v=-QklHmei5pg&t=368s

Ich schwöre, diese Szene war eine echte Überraschung für mich, und ich hatte keine Ahnung, dass ausgerechnet dieser Song hier und dann auch noch so ungewöhnlich lange gespielt wird. Überrascht war ich auch von Steve Carrell in der Rolle eines echten und ganz und gar nicht lustigen Unsympathen, der als „Patchwork-Daddy“ mit seiner hemdsärmeligen Art und seinem ständigen „Kumpel“ auch für mich unerträglich gewesen wäre. Überraschung Nummer drei: Dies war für mich der bereits dritte Film mit Sam Rockwell in irgendeiner Rolle (hier war’s eine sympathische Nebenrolle), und dabei hatte ich diesen Schauspieler bisher noch überhaupt nicht auf dem Radar. Ich musste erst mal googeln um zu erfahren, warum mir sein Gesicht so bekannt vorkam: „Three Billboards outside Ebbing, Missouri“ war das Stichwort. Da hat es dann „Klick!“ gemacht.

Was ich im Juli auch noch gerne gehabt hätte: „Liebesdings“ und „Thor: Love and Thunder“; außerdem hatte ich vor, mir ein Ticket für die Vorpremiere von „Monsieur Claude und sein großes Fest“ zu holen und mir als eine der ersten 100 Besucher ein Glas Marmelade schenken zu lassen, aber leider habe ich bei diesem Versuch in die Röhre geguckt. Seit Wochen ausverkauft? Nun, da waren wohl andere, die es spannender fanden, dass der Schauspieler Noom Diawara ebenfalls zugegen sein sollte, dummerweise schneller als ich gewesen.

Der Juli ist zwar noch nicht vorbei, aber da ich nicht weiß, ob ich diese Woche noch in ein Filmtheater komme, gibt’s diesen Monatsrückblick eben schon jetzt.

Cinema-Scope 2022 : Juni – The Originals

Nein, dieser Bericht hat nichts mit der Vampirserie zu tun, sondern mit Filmen in der Originalversion, an denen ich mich diesen Monat erfreuen durfte.

Wunschkonzerte schön und gut, aber manchmal kommt es anders als geplant. Den ein oder anderen Trailer für gut befunden, kommt dann eine Mail von seinem bevorzugten Kino, in der für Sondervorstellungen geworben werden: Freitag der 13 (im Sommer? Echt jetzt?), La Boum – die Fete (der „Kultfilm“, der in den 80er Jahren komplett an mir vorbeigegangen ist), Bayreuther Festspiele 2022: Die Götterdämmerung (ein Opernbesuch ist für mich ein tolles Erlebnis, nur dann bitte keine Wagner-Oper) – und als besonderes Sahnehäubchen „George Michael – Freedom Uncut“. Wie toll ist das denn, bitte? Und dann kam meine beste Freundin mit „Die Hexen von Eastwick“ im Open-Air-Kino um die Ecke… Was daraus wurde und wie es war, erfahren Sie jetzt.

The Outfit – Verbrechen nach Maß

Leise rieselt der Schnee… und das Blut gleich mit. Wenn in der Werkstatt eines Chicagoer Herrenschneiders, der sein Handwerk in der Savile Row gelernt hat, die „Gentlemen“ der irischen Mafia ihre Briefe in einen toten Briefkasten werfen, ahnt man schon, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Es war Sonntagabend, und während sich andere die Seele aus dem Leib schwitzten, schlug ich der Hitze ein Schnippchen und verfolgte fasziniert das Kammerspiel, das sich im Dezember des Jahres 1956 vor mir entfaltete.

Von seiner Kundschaft nur „English“ genannt, möchte L. Burling (Mark Rylance) vor allem nur eines: in Ruhe gelassen werden, denn er möchte mit den Machenschaften der Boyles, die die Aufnahme in das berühmte Netzwerk des organisierten Verbrechens (genannt „The Outfit“ und immerhin gegründet von Al Capone!) anstreben, nichts zu tun haben. Familie Boyle wiederum ist hinter einem Band her, das angeblich die Identität eines Maulwurfs bzw. einer „Ratte“ lüften kann und versucht bei dieser Gelegenheit auch gleich, die Familie La Fontaine ausschalten, da diese nur lästige Konkurrenz darstellen. Die Fäden sind gespannt, und so geraten „English“ und seine Vorzimmerdame Mabel eines besonders unangenehmen Dezemberabends mitten hinein in ein Netz aus Verrat und Mord, und es beginnt ein hochgradig spannendes Katz-und-Maus-Spiel mit etlichen Wendungen, bis hin zum Showdown, der sich gewaschen hat.

Bildquelle – https://m.media-amazon.com/images/M/MV5BNjVlOTFhMDctYzcwOS00MDdjLWJlOTItZjlkY2Y1NWJhMTM3XkEyXkFqcGdeQXVyMDM2NDM2MQ@@._V1_.jpg

Fazit: Endlich mal wieder ein spannender Thriller, der ohne wilde und hektische Action oder Spezialeffekte auskommt, aber dafür mit einer Fülle an Dialogen glänzt und den ich bereits jetzt als würdigen Anwärter auf den Titel „mein persönlicher Film des Jahres“ betrachte.

Wer den Künstler sucht, wird ihn nicht finden – https://www.youtube.com/watch?v=diYAc7gB-0A

George Michael – Freedom Uncut

So ein volles Haus habe ich schon lange nicht mehr erlebt, und das bei einer Sondervorstellung (Original mit Untertiteln) um 20:45 Uhr an einem Donnerstag. Beginnen wir bei Filmbiografie, an der George Michael selbst mitgewirkt hat, doch gleich mit dem Video, bei dem David Fincher Regie geführt hat und in dem der Künstler nicht ein einziges Mal zu sehen ist, dafür aber die Supermodels der 90er Jahre (Linda Evangelista, Naomi Campbell, Christy Turlington, Cindy Crawford und Tatjana Patitz), die alle lippensynchron singen.

Dass das Video nicht sein Coming Out thematisiert, sondern seinen Rechtsstreit mit Sony Music, weil das Label ihn nicht aus dem Vertrag entlassen möchte, wurde mir im Laufe des vom Sänger selbst erzählten Films relativ schnell klar. Anders als bei den üblichen Biopics oder Dokumentationen, konzentriert sich „Freedom Uncut“ hauptsächlich auf die Weigerung des Künstlers, sich permanent vermarkten zu müssen und auf sein Privatleben, genauer gesagt seine Beziehung zu seinem Lebensgefährten Anselmo und dessen Tod infolge seiner HIV-Infektion. Den Rechtsstreit hat George Michael übrigens verloren, durfte dann aber gegen eine entsprechende Ablösesumme (wie beim Fußball) zu einem anderen Label wechseln.

Filmplakat, gefunden auf: https://www.arthouse-kinos.de/fileadmin/arthouse-kinos/import/_processed_/b/7/csm_fw19big_29_d4cd6e8815.jpg

Fazit: Eine sehr ergreifende und mich berührende Dokumentation, in der auch Künstler wie Mary J. Blige, Nile Rodgers, James Corden und Stevie Wonder zu Wort kommen.

An dieser Stelle sollte nun eigentlich Die Hexen von Eastwick stehen. Open-Air-Kino im Rahmen des „Alte-Schinken-Festivals“, doch dann kam die Wetterhexe des Wegs und ließ die Veranstaltung mit drei Hexen (Cher, Susan Sarandon, Michelle Pfeiffer) und Teufel (Jack Nicholson) buchstäblich ins Wasser fallen. Dumm gelaufen, und wegen eines sehr vollen Terminkalenders im Juni und Juli habe ich nun auch keine Lust mehr, mich auf den Weg ins Kino zu machen.

Schauen wir mal, wie sich der Juli so gestaltet, denn da laufen im Hafenkino Open Air 2022 – vom 10. Juni bis zum 27. August – so richtig gute Filme. Zum Beispiel Licorice Pizza. Oder The French Dispatch. Außerdem startet bald der neue Thor, Liebesdings und ….

Ach, was rede ich: Lasst euch überraschen.