Media Monday # 622 : Frohe Pfingsten

Schiff Ahoi! Zur Feier des Tages waren wir essen. In einem Sushi-Restaurant. Am Ende war so viel übrig, dass ich die neun übrig gebliebenen Teilchen am Sonntagmorgen zum Frühstück verspeisen konnte.

Media Monday # 622

1. Ob es wirklich eine gute Idee war, mir das Spiel „Merge Mansion“ aufs Smartphone zu laden? Die Zeit, die das Spiel selbst nach kurzen Unterbrechungen zum erneuten Laden benötigt, geht auf keine Kuhhaut. Auch wenn die zeitlich begrenzten Aufgaben wie „das große Backen“ oder „die Garagen-Putzaktion“ im  Spiel einen unwiderstehlichen Reiz auf mich ausüben. Ich gebe zu: Bei niedlichen Entenküken oder Hühnern werde ich schwach.

2. Mir war lange gar nicht bewusst, dass sehr oft die Gleichen sind, die jedes Jahr die Brückentage mitnehmen. Aber andererseits kann es mir ja auch wurst sein, was die anderen machen.

3. Die Wattpad-App ist ein echter Zugewinn gewesen, schließlich bekomme ich die neuesten Kapitel mit, die meine Lieblingsautoren veröffentlicht haben – und ich kann die Geschichten überall lesen, zum Beispiel beim Pendeln.

4. Manchmal ist mir unbegreiflich, wie man in der Bahn mit eingeschaltetem Lautsprecher telefonieren oder Videos gucken kann – Leute, echt jetzt: Dieses verzerrte Gequäke in schmerzhaften Frequenzen nervt!

5. Jetzt komplett von fünf Tagen Home Office auf null Tage Home Office zurückzugehen, erscheint mir schon recht drastisch, immerhin schreit man sonst ja so laut nach mehr Flexibilität im Job.

6. Bei all dem, was derzeit an Gerüchten kursiert, kann man vermutlich nur den kleinsten Teil glauben.

7. Zuletzt habe ich damit angefangen, klar Schiff im Kleiderschrank zu machen, und das war bitter nötig, weil ich mehr Platz brauche und das Zeug, das niemandem mehr passt, nur unnötig alles zumüllt.

ABC -Etüden – Wochen 19 bis 23 – Etüde 2 – Absurdes Theater

Für die aktuelle bis zum 4. Juni andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) stammen die Wörter diesmal von Christiane selbst:

Stellschraube – leutselig – integrieren

Ein schöner Tag; den wollte ich nutzen, um eine kurze, völlig frei erfundene Momentaufnahme festzuhalten.

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Absurdes Theater

Ding Dong, ein sonniger Tag. Passend zu meinem sonnigen Gemüt.

Doch damit bin ich heute anscheinend die Einzige. Denn als mir U. die Tür öffnet, blicke ich in ein Gesicht, hinter dem sich gerade ein Gewitter zusammenzubrauen scheint. Nanu, welche Laus ist ihr denn über die Leber gelaufen? So, wie sie sich heute gibt, schmallippig und geradezu reserviert statt leutselig wie sonst, muss sie eine Nachricht bekommen haben, die ihr die Petersilie verhagelt hat. Eine überraschend hohe Rechnung vielleicht oder ein Knöllchen? Von denen hat U. ja schon öfter welche kassiert.

Ich rätsele noch vor mich hin, da deutet sie auf ihr Laptop, das aufgeklappt auf dem Küchentisch thront, besser gesagt auf eine geöffnete E-Mail von ihrem Verein.

„Schau dir ruhig den Blödsinn an, den unser Vorstand an alle Mitglieder rausgejagt hat“, kommt es höhnisch von ihren Lippen, als ich mich zögernd am Tisch niederlasse. Der Blick den sie mir dabei zuwirft, spricht Bände.

Liebe Anwesende und Anwesendinnen,  hiermit laden wir Sie ein zum… Weiter komme ich nicht.

„Und das, meine Liebe, kommt dabei heraus, wenn man beschlossen hat, alle zu integrieren!“

Sie kann sich gar nicht mehr einkriegen, und mittlerweile weiß ich, wo sie der Schuh drückt: Das Verhunzen unserer Sprache, angefangen bei falsch angewendeten Zeitformen bis zum ständigen Verwechseln bestimmter Begriffe und nun das.

„Mitglieder und Mitgliederinnen, Salzstreuer und Salzstreuerinnen. Was kommt als nächstes? Stellschrauben und -schrauber? Nee, nee, nee. Bei den vielen Schrauben, die bei diesem Idioten/Idiotinnenhaufen lockersitzen, kommst du gar nicht schnell genug hinterher, um sie alle festzuziehen.“

Mit bebenden Nüstern greift sie nach der Colaflasche im Kühlschrank, während ich mir meinen Teil denke. Im Prinzip gebe ich ihr ja recht, verwende ich doch selbst gerne neutrale Begriffe wie „Publikum“, um Nörglern das Wasser abzugraben, aber so manches absurde Theater ist die ganze Aufregung nicht wert.

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300 Wörter für Etüde Nummer Zwei in diesem Monat, für eine Mail, die am Ende doch wieder gelöscht wird.

Rewind the Classics *** Märchen neu erzählt (4)

(zuerst veröffentlicht am 15.01.2023 auf Wattpad)

Kapitel 4 : The apple came down

Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „Ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.“ Sie antwortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen,“ und ging damit weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr.

„… und da habe ich sie aus dem Ofen gezogen“, hallten Maries Worte in mir nach. Worte, mit denen sie beschrieben hatte, wie es panisch aus dem Ofen „zieh mich raus, sonst verbrenn ich“ geschallt hatte: Gebäck in allen Varianten, alles außer Pizza, doch zum Glück war mein Schwesterherz an Ort und Stelle gewesen, um es an der frischen Luft abkühlen zu lassen. Das nenne ich mal perfektes Timing! Zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein, wie schön für sie… aber was hatte ich? Die Arschkarte!

Anstatt das Backwerk zu retten, konnte ich nur noch den Ruß zusammenkratzen. Pluspunkte würde mir das bestimmt nicht einbringen, na schönen Dank auch. Aber wie hätte ich auch wissen können, dass sich der Weg so lange hinziehen würde und ich außerdem gezwungen war, mit Tempos MacGyver zu spielen? Ohne diese Verzögerung hätte ich es bestimmt rechtzeitig geschafft…

Ach, mach dir doch nichts vor! meldete sich meine innere Stimme. Auch ohne das ganze Gedöns hättest du die Pizza verbrennen lassen. Du hättest nämlich wieder dieses Lied im Kopf gehabt und diesen einen verflixten Nachmittag vor dir gesehen.

Ashes to Ashes? Oh bitte nicht, hielt ich in Gedanken dagegen, denn ich wusste ganz genau, worauf diese nervige Stimme anspielte: Den Tag, an dem es bei uns zu Hause eskaliert war.

Dass sich Papa und Muttern stritten, war ja nichts neues, doch ums „liebe Geld“ hatte sich ihre letzte Auseinandersetzung an jenem Tag nicht gedreht, jedenfalls nicht nur darum. Wo bei anderen Paaren unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf das Finanzielle für ausgewachsene Krisen sorgten, hatte Papa etwas ganz anderes umgetrieben.

Während im Ofen die Pizza verführerisch schmurgelte, war Muttern ein „Liebe geht durch den Magen“ entschlüpft, eine gedankenlose Bemerkung von der Sorte, die Papa schon länger gegen den Strich ging. Engstirnigkeit gepaart mit einem begrenzten Maß an Intelligenz und Empathie. Der geistige Horizont ist der Abstand zwischen Hirn und Brett? Ein Umstand, den er anfangs wissentlich ignoriert hatte, denn was tut man nicht alles aus Liebe. Doch mit den Jahren war die Kluft zwischen den beiden immer tiefer geworden. Immer häufiger hatte er bei dem, was sie den lieben langen Tag lang so von sich gab, die Ohren auf Durchzug gestellt, doch irgendwann war das Maß voll. Denn leider hatte ihr Geplapper an jenem Tag darin gegipfelt, dass sich der Mann, der Marie eines Tages zur Frau bekommen würde, glücklich schätzen konnte.

Und alles nur, weil sich mein Schwesterherz beim Backen mal wieder selbst übertroffen hatte, während ich…

Da war Papa der Kragen geplatzt.

„Ja, spinn‘ ich denn?“ war er so aus der Haut gefahren, dass ich vor Schreck die Ofenklappe zufallen ließ und mir die Hand an ihrem heißen Rahmen verbrannte.

„Der Mann, der Marie eines Tages zur Frau bekommen wird? Ich fass‘ es nicht!“

So hatte ich ihn noch nie erlebt.

„Was glaubst du wohl, warum mir eine breitgefächerte Bildung und verschiedene Fähigkeiten bei den Mädchen so wichtig sind?“

Ja, warum wohl? Schon immer hatte ich mich gefragt, wozu das viele Lernen gut war. Vielleicht, damit ich später nicht alles selber tun musste, sondern die schweren und unangenehmen Tätigkeiten an andere delegieren konnte? Das aber sahen unsere Eltern komplett anders. Schlimmer noch: An dieser Frage schieden sich die Geister der beiden. Zwar waren sich beide in dem Punkt einig, dass es nicht schaden konnte, wenn Marie und ich wussten, wie sich wirkliche Arbeit anfühlte. Doch bei dem eigentlichen Zweck dahinter gingen ihre Meinungen stark auseinander.

Team „Mona Lisas Lächeln“ gegen Team „Die Frauen von Stepford“: Wo Papa uns früh genug das nötige Rüstzeug mitgeben wollte, damit wir später auf unseren eigenen Füßen stehen konnte, träumte Muttern davon, dass wir ganz traditionell heiraten würden. Familiengründung inbegriffen.

„Die idealen Ehefrauen? Geht’s noch? Und was machst du, wenn sich niemals auch nur ein geeigneter Heiratskandidat einstellt oder Marie und Resina lieber Single bleiben wollen?“

Oder sich vielleicht aus Männern auch gar nichts erst machen, fügte ich in Gedanken hinzu, hielt aber meinen Mund und drückte mich ängstlich in eine Ecke, weil die Fetzen nun erst so richtig flogen. Verbal gaben sich beide nichts, so viel stand fest. Verstört hatte ich mir mit pochenden Händen die Ohren zugehalten, doch ab und zu war doch der ein oder andere Fetzen zu mir durchgedrungen.

Wenn dem Mann andere Qualitäten wichtiger sind… Oder der Mann vorher stirbt und die Frau alleine dasteht, so ohne Beruf… Oder oder oder… Oder ganz abhaut!

Oder ganz abhaut? Da war mir schlecht geworden, denn das hatte gar nicht mehr nach dem dämlichen Spruch „wenn das Wörtchen wenn nicht wär“ geklungen, sondern nach bitterer Realität. Papa wollte uns verlassen? Nein, das durfte nicht sein! Aber mein stummes Flehen war nicht erhört worden, und so hatte ich fassungslos mit ansehen müssen, wie er seine sieben Sachen packte und die Tür hinter sich ins Schloss knallte, während Muttern käseweiß und unter Tränen auf ihrem Stuhl zusammengesackt war.

Die Pizza im Ofen war dabei schwärzer und schwärzer geworden.

Wenig später hatten wir Gewissheit: Mit dem Eintreffen des Briefs von seinem Anwalt, in dem von Scheidung die Rede war, hatten wir die Hoffnung, dass er zu uns zurückkehren würde, für immer begraben. Einzig die monatlichen Zuwendungen für Marie und mich, nicht mehr als ein Tröpfchen auf den heißen Stein, waren das einzige Zeichen dafür, dass er noch existierte. Nur wo er geblieben war, wusste kein Mensch zu sagen.

Schniefend fegte ich die letzten Reste von dem, was einst Gebäck gewesen war, zusammen und kippte sie in den nächsten Bach, der die schwarzen Brocken mit sich trug. Dann sah ich mich um. Frau Holles Bäckerofen hatte ich ja nun leider viel zu spät gefunden, doch wenn ich mich ranhielt, konnte ich es noch zur nächsten Station schaffen. Doch wohin des Wegs? Eine Orientierungshilfe, egal wie klein, wäre jetzt nützlich gewesen, und tatsächlich erspähte ich zwischen den sich lichtenden Rauchschwaden einen hölzernen Wegweiser mit drei Richtungspfeilen daran.

Zur Apfelwiese… Zum Wolfswald… Nach Zwergenhausen

Das war ja einfach! Kaum hatte ich den Gedanken laut ausgesprochen, erschien vor mir wie aus dem Nichts ein Weg aus roten Steinen. Nicht aus gelben? Ach ja, ich vergaß: Ich wollte ja nicht zur Smaragdstadt, sondern zur Alten vom wandernden Wolkenkuckucksheim, besser bekannt als Frau Holle. Maries Ausführungen nach konnte es nicht mehr weit sein. Aber das hatte sie ja auch über den Weg zum Backofen gesagt, aber da ich es mit dem Motto „im Zweifel für den Angeklagten“ hielt, versuchte ich, optimistisch zu bleiben. Vielleicht geschahen ja wirklich noch Zeichen und Wunder.

Und wenn es nur mir vor die Füße kullerndes Fallobst war.

Media Monday # 621 : Aufkeimende Vorfreude

Juchhu… nur noch vier Wochen, dann habe ich endlich Urlaub. Was es noch schönes geben könnte, werden die kommenden sieben Lückentexte zeigen (oder auch nicht).

Media Monday # 621

1. Ich halte es nun wirklich für keine gute Idee, dass bestimmte Leute, die ich kenne, mal wieder eine Extrawurst gebraten bekommen.

2. Kein Wunder, dass man sich bei unserer Stadtbücherei dazu entschlossen hat, eine größere Location zu suchen, da die alten Räume kurz davor stehen, aus allen Nähten zu platzen. Die Frage ist nur, auf welches Gebäude das große Los fallen wird. Vielleicht das, in dem sich zur Zeit noch der Kaufhof befindet? Dort gäbe es wenigstens einen Fahrstuhl, den Leser und Leserinnen im Rollstuhl nutzen können.

3. Eigentlich genial, dass man wirklich das Deutschlandticket eingeführt hat.

4. Sprechende Tiere als Einleitung zu Werbeblocks auf Servus TV – das ist ein mehr als gelungener Running Gag, denn Erdmännchen, Steinbock & Co. sind einfach zu putzig, auch wenn die Idee vermutlich soooo einen Bart hat.

5. Es ist halt die Frage, ob man demnächst wirklich einen Terminvorschlag schickt, um endlich die nächste Phase in der Glasfaser-Challenge einzuläuten.

6. Die Mehrheit der RomComs ist wirklich voller Klischees und Stereotypen, die mich oft nur noch gähnen lassen.

7. Zuletzt habe ich mir den Film „Das Lehrerzimmer“ angesehen und das war in einer Sonntagnachmittagsvorstellung, weil ich zu dem Zeitpunkt Zeit und Lust hatte, und am Ende war der Film interessanter, als ich gedacht hatte.

Rewind the Classics *** Märchen neu erzählt (3)

(zuerst veröffentlicht am 08.01.2023 auf Wattpad)

Kapitel 3 : Just keep walking

Sie kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: „Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken.“ Die Faule aber antwortete: „Da hätt ich Lust, mich schmutzig zu machen,“ und ging fort..


Abenteuer der Landstraße… wer’s glaubt: Just keep walking. Yo. Mit hängender Zunge und staubigen Füßen. Alles hätte ich dafür gegeben, jetzt auf einen achtlos am Straßenrand zurückgelassenen Roller zu stoßen; was interessierte mich da mein Geschwätz von vorgestern über die Verkehrshindernisse auf zwei Rädern oder die Pest auf Rollen. Jetzt jedenfalls herrschte auf dieser Chaussee gähnende Leere – weit und breit war kein Schwein unterwegs an diesem Tag, der am Anfang noch sonnig gewesen war. Nicht mal ein simpler Eselskarren war unterwegs zu sehen, was ich doch seltsam fand, wenn ich genauer darüber nachdachte.

So viel zum Thema, dass ich dann halt später an der Abzweigung ankommen würde. Denn so langsam fühlte ich mich wie der Typ in dieser uralten Aral-Werbung, der stundenlang mit leerem Kanister durch die Pampa stapft, auf der Suche nach der richtigen Tankstelle. Denn in den Tank seines liegengebliebenes Vehikel kommt nicht jeder x-beliebige Sprit. I’m walking? Schon blöd, wenn es dann mit der Latscherei länger dauert, so ohne Snickers und sonstigem Proviant im Allgemeinen? Ein Stück Pizza wäre jetzt schick gewesen. Oder meinetwegen auch ein Apfel. Man ist doch sonst nicht so anspruchsvoll.

In meinem Fall machte mir nämlich nicht ein leerer Kanister zu schaffen, sondern ein leerer Magen. Kein Wunder, wenn die Vorräte zur Neige gehen und man gezwungen ist, sie sich besser einzuteilen, wenn man den kommenden Tag überstehen will. Eines jedoch ließ sich nicht einteilen: Das Tageslicht. Inzwischen näherte sich die Sonne bedenklich dem rötlich schimmernden Horizont. Auch das noch! Wenn ich nicht bald einen Unterschlupf für die Nacht fand, war ich am Arsch. Aber sowas von.

Nachts unter freiem Himmel in der Einöde würde mir auch das ganze Geld aus meinen Aktienspekulationen nichts helfen. Money can buy you almost anything, but anything’s nothing when you’re dead, kam mir da die Zeile des Liedes in den Sinn, das mich schon seit der Mittagszeit verfolgte, nachdem ich den letzten Rest meines kaltgewordenen Brathähnchen verputzt hatte.

Verflixt und zugenäht, wir drehen uns im Kreis. Leider wusste ich nur zu gut, wohin das führte, wenn meine Gedanken damit anfingen, Karussell zu fahren: nämlich zu einer Fahrt ohne Garantie aufs Ankommen, ganz wie in meinem persönlichen Alptraum, der mich früher immer dann heimgesucht hatte, wenn ich unter Strom stand: Gestrandet in einem Dorf, in dem ich mich seltsamerweise gleich wie zu Hause fühlte, obwohl ich dort nie zuvor gewesen war, und auf der Suche nach einem Weg nach draußen, den es nicht gab, sonst hätte mich der verflixte Wegweiser nicht ständig in die Irre geführt. Dass ich davon schweißgebadet aufwachte, machte es nicht besser und war nur der Vorgeschmack auf die nächste Nacht, in der ich denselben Mist träumte. Durchhalten, versuchte ich, mir Mut zu machen, denn aus Erfahrung wusste ich, dass der Spuk nur wenige Tage anhielt. Das erste Mal, nachdem Papa und Mama…

U-iiiiieeeek. U-ääääk. Rrrr-uäääh.

Um Himmels willen, das Gekreisch war ja kaum auszuhalten und machte, dass ich komplett den Faden verlor. Reflexartig hielt ich mir die Ohren zu, bevor sie zu bluten anfangen konnten. Mein Gott, dagegen klang ja jede Feuersirene melodischer. Wer auch immer dafür verantwortlich war, die Nervensäge würde sich auf etwas gefasst machen können, wenn ich sie erst einmal ausfindig gemacht hatte. Wild entschlossen, der Quelle des infernalischen Lärms auf den Grund zu gehen, zog ich eine Packung Taschentücher aus meinem Rucksack und bastelte mir aus ihnen mehr schlecht als recht einen provisorischen Gehörschutz.

Auch wenn ich mit den Tempos in meinen Ohren absolut lächerlich aussah und mich mein Schatten entfernt eine abgespeckte Version von Shrek erinnerte, so war ich dankbar für diesen geschickten Move. Jetzt waren die bei jedem meiner Schritte immer lauter werdenden Schreie zwar immer noch zu hören, dafür nun aber endlich auf ein erträgliches Maß gedämpft. Gleich war es soweit, nur noch eine Kurve, dann…

Ein Pfau!

Einer? Ach was, mehrere. Hätte ihr penetrantes Gequäke meine kleinen grauen Zellen nicht lahmgelegt, wäre ich wahrscheinlich viel eher darauf gekommen, denn soweit ich diese Strecke noch in Erinnerung hatte, gab es hier weit und breit keine Fasanerie. Oder etwa doch? Auf Google Maps oder Google Street View war auch kein Verlass mehr, denn die hätten mir alles Mögliche gezeigt, nur nicht den von mir seit Stunden gesuchten Wegweiser; und schon gar nicht das seltsame Bild, das ich nun sah: abseits der sich durch die hügelige Landschaft windenden Straße erstreckten sich saftige Wiesen in einem unwirklichen Grünton bis zum Horizont. Und als ob das alleine nicht gereicht hatte, tummelten sich auf ihr blaue und weiße Pfauen. Einer von ihnen schlug ein Rad, sichtlich bemüht, die Dame seiner Wahl zu beeindrucken.

Pfauen. Mitten in der Pampa. Komische Halluzinationen waren das. War am Ende das Brathähnchen an ihnen schuld? I wo, das Vieh war ganz frisch gewesen, daran konnte es nicht liegen. Noch vor meinem Aufbruch hatte ich es im Ofen knusprig gebraten. Knusprig braten – wenn man vom Teufel spricht, durchfuhr mich ein Gedanke, als sich mein knurrender Magen lautstark bemerkbar machte.

So schön und dennoch surreal der Anblick der majestätisch dahinschreitenden Vögel auch war, am Ende war es die Rauchfahne, die hinter der nächsten Hügelkuppe in dichten Schwaden über den Himmel zog und mir einen Gestank entgegen trug, den ich seit jenem Tag verdrängt hatte – den von verbrannter Pizza.

Rewind the Classics *** Märchen neu erzählt (2)

(zuerst veröffentlicht am 08.01.2023 auf Wattpad)

Kapitel 2 : Beautiful girl

Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein.

Schönheit vergeht, Hektar besteht. Wobei Schönheit relativ ist. Nur weil ich nicht dem allgemein gängigen Ideal entspreche. Blonde Wallelocken, Sanduhrfigur, Stupsnäschen, volle Lippen in zartem Rosa. Sorry, tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. Ich korrigiere mich: Es tut mir nicht leid, dass ich nicht so eine typische Instagram- oder TikTok-Tussi bin. Diese Flausen hat Muttern uns schon früh ausgetrieben, von wegen Rosinen im Kopf und so. Instagram, ha ha… So ein Stuss! Aber im Blödsinn verzapfen, war Muttern schon immer groß.

Hektar besteht? Dazu müsste man halt auch so clever sein und dafür sorgen, dass man seinen Grund und Boden nicht mit einer Hypothek nach der anderen belastet. Tja, und weil wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfassen, noch nie ihre Stärke war, hält es Muttern für eine ganz tolle Idee, Trödel zu sammeln und von Marie aufmotzen zu lassen, um den Kram bei etsy oder Ebay-Kleinanzeigen weiter zu verscherbeln.

Neben der Hausarbeit natürlich, für die sie mich nur ungern einteilt, seit wegen mir ihre weiße Wäsche rosa aus der Maschine kam, mitsamt den auf Babygröße zusammengeschrumpften Cardigan aus Wolle, ein Erbstück von Oma.

Dieser rein zufällige Unfall brachte mich auf eine geniale Idee. Frei nach dem Motto „dich einmal dumm gestellt, hilft dir durchs ganze Leben“. Ein zerstörtes Meißner-Kaffeeservice und eine unter Wasser gesetzte Wohnstube später, und ich genoss fortan Narrenfreiheit.

Herrlich, endlich tun und lassen zu können, was ich will! Mein Lieblingsplatz unterm Birnbaum. Endlich konnte ich nach Herzenslust Pläne schmieden, wie ich mir den Alltag noch angenehmer gestalten konnte und beschloss, die angesparten Kröten in Aktien zu investieren: Billig einsteigen, die Dividenden mitnehmen und zum höchstmöglichen Kurs verkaufen. Vorausgesetzt, weder Muttern noch Marie oder gar die Tante bekamen etwas davon mit. Die hätten bestimmt Mittel und Wege gefunden, mir die Freude zu verderben und mir das Taschengeld komplett zu streichen. Mit meinen Geschäften und dem schönen Leben wäre es dann vorbei.

Ein GAU, der im Prinzip längst eingetreten war, wenn ich so drüber nachdachte, denn sonst hätte ich mich nicht auf einer staubigen Landstraße wiedergefunden, wo ich vergeblich auf eine Mitfahrgelegenheit wartete. Nicht einer hielt trotz meines ausgestreckten Daumens an. Dann eben nicht, maulte ich in der Mittagssonne vor mich hin. Schließlich habe auch ich meinen Stolz; niemals, so hatte ich mir geschworen, würde ich so tief sinken und die Röcke raffen, um verführerisch ein Bein rauszustellen. Das war sowas von letztes Jahrtausend und unter meinem Niveau. Dann würde ich halt später an der Abzweigung zum Feldweg ankommen von wo es zu den sieben Hügeln hinter den sieben Weiden führen würde, wo die Alte angeblich wohnte.

Wenn wir alle Marie Glauben schenken durften, dann lebte die in einem Palast. Warum mir allerdings Google Maps den nicht anzeigte, war mir ein Rätsel. Ihr wandelndes Schloss war schließlich kein Ableger der berühmt-berüchtigten Area 51 oder ein Ort, wo man Nukleartechnologie entwickelte; und es gab dort weder eine militärische Forschungseinrichtung noch einen um jeden Preis geheim zu haltenden Teilchenbeschleuniger. Nur einen riesigen parkähnlich angelegten Hof, auf dem die Alte die unterschiedlichsten Arten von Federvieh hielt.

Tauben Hühner, Enten… wozu also der ganze Aufriss?

Ja, ja, von wegen „man werfe seine Spule in den Brunnen und schwupps! steht man auf einer schönen Wiese“. Wer’s glaubt! Dieses Hirngespinst habe ich Marie von Anfang an nicht abgenommen und ihr später, als alles schlief, ein wenig gründlicher auf den Zahn gefühlt.

Da hatte sie Muttern und den Drachen von Tante aber schön an der Nase herumgeführt und das mit der Spindel doch glatt erfunden, um keinen Ärger zu bekommen, weil sie das Ding verschusselt hatte und weggelaufen war: immer schön am Fluss entlang und der Nase nach, oder besser gesagt den Kanadagänsen auf ihrem Weg nach Süden.

Gänse, Pfauen, Schwäne… Wenn jetzt noch Kraniche, Kormorane und Flamingos dazukamen, war der Vogelpark komplett. Ach ja, ich liebe es, wenn meine Schwester ihre blühende Fantasie unter Beweis stellt. Aber jetzt mal im Ernst: Als sie den Teil mit den Pfauen und Schwänen hinter sich gelassen hatte und den Wegweiser aus Stein mit den beiden charakteristischen Brotschiebern erwähnte, wusste ich Bescheid. Schließlich hatte ich ihn schon oft genug im Traum geseehn

Den Umweg über den Flusslauf konnte ich mir sparen und direkt die Straße nehmen. So weit der Plan.

Tja, und da haben wir auch schon das Dilemma, frei nach dem Motto „Alles verlief nach Plan, doch der Plan war Murks“. Denn wenn man darauf spekuliert, dass irgendjemand einen schon mitnehmen würde, wird hundertprozentig nichts draus. So viel hätte mir schon mein Verstand sagen müssen.

Doch der muss an diesem Tag Sendepause gehabt haben.

ABC -Etüden – Wochen 19 bis 23 – Etüde 1 – Endlich sagt’s mal einer

Für die aktuelle bis zum 4. Juni andauernde Etüdenrunde (hier, bei Christiane) stammen die Wörter diesmal von Christiane selbst:

Stellschraube – leutselig – integrieren.

Nachdem meine Beteiligung seit der Umstellung eher mau war, möchte ich nun wieder häufiger dabei sein, nicht zuletzt auch wegen der stillen Hoffnung, dass diese 300-Wörter-Fingerübungen mir beim Bewältigen meiner Schreibblockade helfen mögen. Den Anfang macht daher die Beleuchtung eines Themas, das aktuell nicht nur durch unsere Firma, sondern durch die gesamte Arbeitswelt geistert.

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Endlich sagt’s mal einer

„Endlich sagt’s mal einer. Wir müssen ein Stück weit wieder Normalität in unseren Arbeitsalltag integrieren“, lese ich unter einem Artikel, der sich mit der schrittweisen Rückgängigmachung des permanenten Home-Office befasst.

Erst zwei, dann drei, dann fünf Tage? Wir sollen zurückrudern, am besten ganz auf Anfang?

Was zu erwarten war, genau wie die Tatsache, dass unsere Firmenleitung damit für hochschlagende Gemütswellen sorgen würde. Vorgetragen in einem scheinbar leutseligen Ton, der die darunter schwelende Aggression nur schlecht verbergen kann, spaltet sie die Belegschaft: auf der einen Seite die, denen die dauernde Abwesenheit vom Büro schon immer ein Dorn im Auge war, und auf der anderen Seite jene, die sich nach anfänglichem Hadern mit dem Arbeiten von zu Hause angefreundet haben und nun den errungenen Komfort nicht mehr missen möchten.

Und dazwischen ich, die die Beweggründe beider Seiten nachvollziehen kann, auch wenn ich strenggenommen zur zweiten Fraktion tendiere.

Dabei wäre alles so einfach, seufze ich und spiele mit dem Gedanken, meinen Senf ebenfalls dazuzugeben, so in etwa wie „wenn alle mal etwas runterkommen und einen Blick auf die eigentliche Stellschraube werfen würden, nämlich ihre Arbeitsverträge“.

Schon kreisen meine Finger über der Tastatur, da drängt sich mir die Frage auf, ob ich damit nicht eher Öl ins Feuer gieße, anstatt zu verhindern, dass die aufgeheizte Stimmung erst so richtig eskaliert? Wie ein Feigling möchte ich aber auch nicht dastehen und beschließe, mir erst einmal eine schöne Tasse Tee aufzubrühen, um mich zu erden und gleichzeitig zu wappnen für die zu erwartende Wogen der Entrüstung, die über mir zusammenschlagen werden.

Frisch ans Werk, sage ich mir, als ich mich wieder an den Rechner setze, nachdem ich die leere Tasse weggebracht habe. Doch meine Finger verharren in der Luft, als ich den Satz lese, mit dem ich so schnell nicht gerechnet habe: Der Kommentarbereich ist geschlossen.

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300 Wörter für meine erste Etüde in diesem Monat.

Media Monday # 620 : Das museale Erlebnis

Nach drei Jahren Pause hat sie nun endlich wieder stattgefunden: Die Nacht der Museen – am Samstag, den 13. Mai von 19 Uhr bis 2 Uhr morgens, und wie zu erwarten, ist es mal wieder voll geworden. Sehr voll. Da ich mit meiner Taktik, mich auf nur wenige Museen zu beschränken, in den Jahren vor der Pause immer sehr gut gefahren bin, stand auch dieses Jahr wieder ein grober Plan bei mir fest, der mir auch durchaus Raum zu Änderungen gab.

Welche das waren, offenbart der letzte Punkt der sieben Lückentexte der aktuellen Ausgabe des Media Monday.

Media Monday # 620

1. Ich hätte ja gerne einen Kurs zur Fertigung von Handschuhen gebucht, den eine im Ledermuseum gastierende Handschuhmacherin im Juli anbietet, aber genau an jenem Tag habe ich schon eine Karte für „Robin Hood“.

2. Es braucht wohl mehr als Talent oder handwerkliches Geschick und Kreativität, um ein Publikum für seine Werke begeistern zu können; manchmal gehört auch eine Portion Glück dazu, um den Geschmack der Zielgruppe zu treffen.

3. Nichts könnte mich wohl kaum vom Besuch bestimmter Veranstaltungen abhalten als überhöhte Preise. Doch ein KO-Kriterium gibt es noch: endlose Schlangen vor dem Veranstaltungsort wie zuletzt bei der endlich wieder stattfindenden Nacht der Museen. Hätte ich nicht so viel Glück gehabt, als eine der ersten vor Ort zu sein, wäre ich wohl kaum in den Genuss einer Besichtigung des Hauses Zur Goldenen Waage in Frankfurt am Main *) gekommen.

4. Ich muss gestehen, dass ich nicht nur wegen des Renaissance-Flairs in das besagte Haus eingekehrt bin – die Auslage an Törtchen und anderen verführerischen Gebäckstücken war zu verlockend, um Nein zu sagen.

5. Die Nacht der Museen gäbe es nicht, wenn nicht so ein großes Interesse daran bestünde.

6. Man sollte vielleicht mal von durchgetakteten Zeitplänen für eine solche Nacht wegkommen und sich treiben lassen, wenn man von seiner Zeit dort etwas haben möchte – es sei denn, man steht darauf, wegen nichts sinnlos in der Schlange zu stehen oder sich im Gedränge fühlen wie eine Sardine in der Dose.

7. Zuletzt habe ich bei der Nacht der Museen gleich am Anfang meine Planung umgeworfen. Anstatt dem Museum für Elektronische Musik einen Besuch abzustatten, bin ich gleich nach dem Besuch des Hauses Zur Goldenen Waage wieder nach Offenbach zurückgefahren, und das war eine gute Entscheidung, weil es nicht nur im Deutschen Ledermuseum weniger voll war als befürchtet, sondern weil ich so meiner Liste zwei weitere, ungeplante Programmpunkte spontan hinzufügen konnte.

PS: Wir haben es gefunden – das „Bernsteinzimmer“

*) Informationen zu diesem historischen Gebäude mit Dachgarten (auch Belvederchen genannt) kann man hier finden.