Blogparade : Älter als ich – Filme aus einer anderen Zeit…

oder: die 10 besten Filme vor meiner Geburt.

In den letzten Wochen hatte ich Zeit genug zum Lesen, und da bin ich bei

http://miss-booleana.de/2015/11/21/blogparade-aelter-als-ich-filme-aus-einer-anderen-zeit/

auf eine Blogparade gestoßen, in der wir bis zum 1. Januar des kommenden Jahres Zeit haben, zehn Filme vorzustellen, die vor unserer Geburt erschienen sind und die wir für die besten halten – sowie noch einen aus dem Jahr unserer Geburt. Da ich 1967 geboren wurde, rutschen da natürlich Filme wie „Watership Down“ oder „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ durch das Raster; aber auch ohne diese Meilensteine der Filmkunst fallen mir noch genügend Filme ein, die es wert sind, in dieser Blogparade genannt zu werden.

Daraus eine Auswahl zu treffen, ist mir nicht leicht gefallen: Warum dieser und nicht ein anderer? Ich glaube, es ist reine Gefühlssache, und in den letzten Tagen habe ich mir die Mühe gemacht, mir einige davon zu Hause auf DVD anzuschauen. Die Filme habe ich chronologisch geordnet (also den ältesten zuerst), und wenn zwei Filme aus demselben Jahr stammen, kam die alphabetische Reihenfolge zum Zug.

Nun denn, so lasst mich das Werk beginnen. Den Anfang macht

(1) Nosferatu – eine Symphonie des Grauens von F.W. Murnau (1922):

Grusel par excellence, in schwarz-weiß. Im Grunde erzählt der Stummfilm Bram Stokers Geschichte von Dracula und läuft zu seiner vollen Größe auf, wenn man ihn, wie wir, in einem Theater auf einer großen Leinwand, untermalt von großer Orchesterbegleitung durch die Frankfurter Neue Philharmonie vorgeführt bekommt.

Unvergleichlich ist für mich die Szene, in der der Schatten des kahlköpfigen Vampirs mit ausgestreckten Klauenhänden die Treppe in Wisborg hinaufgeistert – man stelle sich das Spektakel wie auf der Tasse (Beitragsbild oben) vor – oder wenn unzählige Ratten dem frisch angelegten Schiff entströmen und sich in den Straßen der Stadt ausbreiten. Ich hatte mir kurzzeitig überlegt, mit Panzerkreuzer Potemkin (1925 – der erste Gammelfleischskandal, der die Leinwand eroberte), Ben Hur (1925 – das Originalmonumentalepos mit Ramon Novarro) oder Metropolis (1927) zu beginnen, aber von all den Filmen hat mich der nur 94 Minuten lange Vampirfilm am meisten beeindruckt.

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Nun drehe ich das Rad der Zeit 17 Jahre weiter und lande bei

(2) Der Zauberer von Oz von Victor Fleming (1939):

We’re off to see the wizard, the wonderful wizard of Oz“, „Come out, come out wherever you are“ und „Ding dong, the witch is dead“ – diese Lieder aus dem farbenprächtigen Musicalfilm mit Judy Garland als Dorothy, die der „yellow brick road“ folgt, haben sich mir unauslöschlich ins Gedächtnis eingegraben. Als Kind war ich überwältigt von den bunten Kulissen und wünschte mir, ich könnte auch in ein solch zauberhaftes Land reisen; später durchschaute ich zwar den Bluff der Kulissenschieberei, aber: Who cares? Den Film liebe ich immer noch heiß und innig, und die DVD in meiner Sammlung beinhaltet umfangreiches Bonusmaterial, in dem ich erfahren durfte, wie viel aus diesem Film längst Teil der amerikanischen Alltagskultur geworden ist.

M – eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931), „Die Meuterei auf der Bounty“ (1935) oder „Vom Winde verweht“ (1939) wären weitere Kandidaten gewesen, aber auf die fiel das Los diesmal leider nicht.

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Und weiter geht es mit

(3) Der große Diktator von Charles Chaplin (1940):

Wahrscheinlich der beste Film des letzten Jahrhunderts, einer Satire auf Adolf Hitler und den Nationalsozialismus – bei der oft das Lachen im Halse stecken bleibt, trotz der komischen Momente: z.B. der kleine Friseur (Chaplin) im Ersten Weltkrieg durch den Nebel irrend und „Huhu, Herr Hauptmann“ rufend, Diktator Hynkel (ebenfalls Chaplin) bei der Flucht auf die Gardinenstange oder beim Tanz mit der Weltkugel.

Gegen Chaplins Meisterwerk hatte „Ist das Leben nicht schön“ (1946) leider keine Chance, auch wenn bald Weihnachten ist.

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Und nochmal vierzehn Jahre später…

(4) Das Fenster zum Hof von Alfred Hitchcock (1954):

Weck‘ den Spanner – äh, Voyeur – in Dir. Oder besser gesagt: Wie weit würdest Du gehen? Der Plot ist simpel wie genial: Durch einen Unfall für einige Zeit an den Rollstuhl gefesselt, beginnt Fotojournalist Jeffries (James Stewart) aus Langeweile damit, seine Nachbarn zu beobachten und kommt dabei einem Mord auf die Spur. Hilfe bekommt er dabei von seiner Freundin Lisa (Grace Kelly) und seiner Pflegerin Stella (Thelma Ritter), und schon bald bleibt es nicht mehr beim bloßen Beobachten… Auf den ersten Blick kommt der Film wie ein klassisches Detektiv- bzw. Katz-und-Maus-Spiel daher; aber die Aktualität so mancher Fragen kommt mir erst nach und nach zu Bewußtsein. So zum Beispiel, wer hier nun das eigentliche Monster ist: Der von Jeffries des Mordes verdächtigte Nachbar Thorwald – oder Jeffries, Lisa und Stella, die nicht davor zurückschrecken, in die Wohnung Thorwalds einzusteigen und ihn schließlich zu erpressen. Dass die unglückliche Nachbarin „Miss Lonely Hearts“ kurz davor steht, sich mit Tabletten umzubringen, registrieren sie zwar, kommen aber nicht auf die Idee, zum Hörer zu greifen und den Notarzt zu holen. Oder die Gleichgültigkeit der Nachbarn: Ein Hund wird mit gebrochenem Genick aufgefunden, für dessen Frauchen bricht die Welt zusammen, und die partyfeiernden Nachbarn, die den Schrei hören, eilen zum Fenster, registrieren das Unglück und gehen dann achselzuckend zur Tagesordnung über. Jeder gafft, aber keiner hilft; ich glaube, dieses Thema wird leider immer aktuell bleiben.

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Auch das nächste Jahr, 1955, kann sich sehen lassen. Hier sind es gleich zwei Filme, die für mich mit zu den besten Filmen der Fünfziger Jahre zählen und die unterschiedlicher nicht sein könnten:

(5) Denn sie wissen nicht, was sie tun von Nicholas Ray -und- (6) Die Nacht des Jägers von Charles Laughton

James Dean in seiner für mich besten Rolle – in einem Film, der sich mit den sogenannten Halbstarken beschäftigt (gab es damals eigentlich schon den Begriff des Teenagers?); unverstandene Jugendliche, gefährliche Mutproben, Bandenkriminalität… für James Dean kam der Ruhm leider zu spät, er starb einen Monat, bevor der Film ins Kino kam, bei einem Autounfall, im Alter von 24 Jahren.

Im Gegensatz zu diesem Film fiel „Die Nacht des Jägers“ als einzige Regiearbeit des Schauspielers Charles Laughton bei Kritik und Publikum 1955 gleichermaßen durch. Robert Mitchum in der Rolle eines psychopathischen Mörders, der sich als Wanderprediger tarnt und versucht, an das Geld seines verstorbenen Zellengenossens zu gelangen, indem er dessen Kinder jagt, die auf ihrer Flucht das Geld in einer Puppe versteckt mit sich führen, ohne davon zu wissen…

Da gibt es nicht wenige Szenen in diesem Schwarz-Weiß-Film, bei denen es mir eiskalt den Rücken hinunter läuft, und ich frage mich wie der kleine Junge, ob er denn niemals müde wird… Er reitet ohne Rast und Ruh‘ und singt sein grausig‘ Lied  

Und noch ein Film aus diesem Jahrzehnt hat mich nachhaltig beeindruckt, denn er bleibt ziemlich dicht an dem gleichnamigen Theaterstück von Tennessee Williams, was man nicht oft hat:

(7) Die Katze auf dem heißen Blechdach von Richard Brooks (1958):

Elizabeth Taylor als Maggie, die versucht, ihre verkorkste Ehe mit Brick (Paul Newman) zu retten, während die große Geburtstagsfeier von Bricks Vater „Big Daddy“ bevorsteht, an der es dann schließlich zum großen Krach zwischen allen Familienmitgliedern kommt; sind Bricks Bruder und dessen Familie mit dem Hintergedanken erschienen, dem schwerkranken, alten Mann das gesamte Vermögen abzuschwatzen.

Ach ja, die Fünfziger Jahre, die hatten viele Perlen zu bieten, u.a. den Bibelschinken „Quo Vadis“ (1951), „Don Camillo und Peppone“ (1952), „Verdammt in alle Ewigkeit“ (1953) und „Das Siebente Siegel“ von Ingmar Bergman (1957), aber irgendwo muss man ja mal eine Grenze ziehen.

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Welcome to the Sixties – wir nähern uns meinem Geburtsjahr… Was habe ich mich letzte Woche bei den folgenden Schätzchen amüsiert:

(8) Eins, Zwei, Drei von Billy Wilder (1961), (9) Dr.Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben von Stanley Kubrick (1964) und (10) Genosse Don Camillo von Luigi Comencini (1965):

Wer die Gemeinsamkeiten auch ohne meinen Spoiler errät, darf sich ein Ei drauf backen; ich verrate es jetzt ohnehin: Alle drei behandeln in irgendeiner Form den Kalten Krieg.

Billy Wilders Komödie spielt im geteilten Berlin, noch vor dem Mauerbau und handelt von den Bemühungen des West-Berliner Coca-Cola-Direktors McNamara, die Brause in der Sowjetunion groß rauszubringen. Ihm macht jedoch Scarlett, die eigensinnige Tochter seines amerikanischen Vorgesetzten, die bei ihm und seiner Frau zu Gast ist, einen Strich durch die Rechnung, indem sie heimlich ausbüxt und einen Ost-Berliner Kommunisten Otto (Horst Buchholz) heiratet. McNamara, der die Ehe der beiden mit höchst unfairen Mitteln torpediert, muss zurückrudern, als sich herausstellt, dass Scarlett schwanger ist. Wie er es dennoch schafft, Otto aus dem Gewahrsam der Ost-Berliner Volkspolizei zu befreien und diesen in einen Vorzeigeschwiegersohn von adeligem Geblüt zu verwandeln, das ist so grotesk und turbulent inszeniert, dass ich es kaum beschreiben kann.

In Stanley Kubricks bitterböser Satire löst der wahnsinnige General Jack D. Ripper einen Atomkrieg gegen die Sowjetunion aus, indem er sämtlichen B52-Bombern den Befehl „Angriff nach Code R“ erteilt. Es kommt zur Krisensitzung im War Room des Pentagons, wo General Turgidson dem Präsidenten den bahnbrechenden Vorschlag macht, die USA solle alle verfügbaren Atomwaffen auf die Russen abzufeuern, um deren Vergeltungsschlag zuvorzukommen; das würde die Verluste ineinem erträglichen Rahmen halten. Dass der Präsident keine Lust hat, als der größte Massenmörder seit Adolf Hitler in die Geschichte einzugehen, ist Turgidson jedoch völlig unverständlich. Ob am Ende das Unheil doch noch abgewendet werden kann, möchte ich hier nicht verraten – was den Film so interessant macht, ist das Bühnenbild, das so echt wirkt, dass Ronald Reagan bei seiner Amtseinführung gerne den War Room, der in dieser Form gar nicht existiert, besichtigt hätte. Leider ohne Erfolg.

Beide Filme wurden übrigens von der Geschichte überholt. Bei „Eins, Zwei, Drei“ kam der Bau der Mauer dazwischen, so dass die Szenen am Brandenburger Tor im Studio gedreht werden mussten; bei „Dr.Seltsam“ war das Attentat auf Kennedy der Grund, dass Dialoge umgeschrieben werden mussten. „There ain’t much fun in Dallas“ wäre dann doch zu pietätlos gewesen.

Mit „Genosse Don Camillo“ gibt es zu guter Letzt dann noch etwas zum Schmunzeln. Im letzten Film der „Don Camillo“-Reihe reisen Don Camillo (der Pfarrer des beschaulichen Städtchens Brescello) und Brescellos Bürgermeisters Peppone mit einer Delegation in die frischgebackene Partnergemeinde in der Sowjetunion. Natürlich darf keiner erfahren, dass ein Geistlicher unter ihnen weilt, aber Don Camillo wäre nicht Don Camillo, wenn er es nicht fertigbrächte, einen Popen davon zu überzeugen, fortan nicht mehr im Verborgenen zu bleiben.

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Auch in den Sechziger Jahren gab es jede Menge gute Filme, wie z.B. „Psycho“ von Alfred Hitchcock (1960) oder die Kriminalkomödie „Der rosarote Panther“ mit Peter Sellers als schusseliger Inspektor Clouseau und einer höchst interessaten Umkleideszene zu Beginn des Films – aber die oben genannten drei schienen mir in dem Zusammenhang noch interessanter.

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Bleibt nur noch eins zum Abschluß… nämlich ein Film aus meinem Geburtsjahr 1967: “Tanz der Vampire“ von Roman Polanski, eine herrlich verdrehte Parodie auf den Vampirfilm schlechthin, die mit allen Klischees aufs Vortrefflichste spielt – und so schließt sich der Kreis, denn mit einem Vampirfilm habe ich angefangen. „Bonnie & Clyde“ aus demselben Jahr passte somit nicht mehr in diese Aufstellung hinein.

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Ich hatte bei dieser sehr lang gewordenen Blogparade viel Spaß und hoffe, die anderen Filme, die ich nicht geschafft habe und die nicht auf meine Liste kamen, eines Tages noch einmal sehen zu können.

 

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